Farben

Frittenrezensionen Kartenspiele
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Superfritte

Jede Farbe erzählt eine Geschichte

Es gibt Spiele, die stechen aus der breiten Spielemasse allein durch den ersten Blick auf die Schachtel heraus. Farben zum Beispiel von Apolline Jove. Sehr reduziert und verhalten, dafür neugierig machend mit großer Schrift und einer Pantonepalette versehen, zeigt sich die kleine Schachtel verschüchtert und spektakulär zugleich. Dazu ein geheimnisvolles Farben als Schrift. Mehr nicht. Sehr verhalten, dezent, ohne SchnickSchnack, geheimnisvoll. Was für einen verspielten Gaumenschmaus serviert uns die Edition Spielwiese mit ihrem Vertriebspartner Pegasus Spiele denn da? Handelt es sich um ein leicht durchwürfeltes buntes Tütchen Naschwerk, oder wird es schwer im Magen liegen, wie zwei kross gebratene Nasornhinterschinkensteaks an Hühnerquark? Wir finden es heraus …

Eine verspielte Rezension

Bevor ich auch nur ein einziges Wort über Farben verliere, hier das Setting: Ich habe für diese Rezension jetzt einfach 12 Karten aus dem Stapel der Wortkarten gezogen, willkürlich. Und vor mir liegen die Farbenkarten. Ich ziehe für jeden Absatz dieser Rezension eine Wortkarte und versuche anhand dieser Karte meine Erlebnisse zum Spiel, durch eine Farbe niederzuschreiben. Mal schauen, wie weit mich diese verspielte Rezensionsart bringen wird. Los geht’s:

Bewunderung – Weiß

Ich wähle die (Nicht)Farbe Weiß, denn mit dieser Karte verbinde ich meine Bewunderung für die Reduzierung des Spielmaterials. So einfach und so simpel habe ich schon lange keine Ausstattung mehr erlebt. Bis auf die Farbkarten kommt das Spiel gänzlich ohne Farbe aus. Die Farbe ergibt sich erst durch die Geschichten, die im Spielverlauf erlebt werden.

Stress – Orange

Bei Farben habe ich an manchen Zeitpunkten wahrlich Stress erlebt und erleben dürfen. Wenn ein Mitspielender einen Kartenstapel für mich ausgewählt hatte, puh, da ging mir hier und da die Puste, da ich mich längst nicht an alles erinnern konnte. Tatsächlich lang ich mit der Farbe Orange ziemlich oft daneben.

Erfahrung – Gelb

Ich möchte das Wort Erfahrung nicht mit Erinnerung in einen Kontext bringen, sondern vielmehr mit dem Begriff eine dankbare Einladung verknüpfen. In meinen Runden bin ich sehr dankbar um die vielen ehrlichen und wunderbaren Geschichten, die mir Mitspielende geschenkt haben. Lustiges, intimes, schräges und trauriges – all das wurde offenbart, und für mich ist die Erfahrung, die ich mit Mitspielenden gemacht habe die Farbe gelb.

Wahrheit – Lila

Ganz klar, die Wahrheit wurde in unseren Runden nicht immer gesagt. Besonders zum Ende hin, wenn die Farbenhand ausgedünnt war, da wurde eine Farbe passend gemacht. Aber egal, meistens kamen hier besonders schöne und auch sehr lustige Geschichten zutage. Für mich ist die Wahrheit lila, weil sie für mich wunderbar zum Wahrheitsaspekt es Spiels passt.

Alter – Pink

Ich möchte ein Erlebnis gerne aufschreiben, was ich mit einer Gruppe gemischten Alters mit diesem Spiel erleben durfte. Unter uns war ein kleines Mädchen, die von der Gestaltung des Spiels ganz fasziniert war. Selbstverständlich nahmen wir sie mit in die Spielerunde mit auf. Sie erzählte uns sehr viel Privates und Ehrliches, wie sie manch Begriffe und Situationen, in denen die Begriffe passten mit Farben kombinierte. Dabei war ich oft sehr gerührt und fasziniert, wie klar diese kleine Dame berichten konnte, wann welche Situation für Sie welche Farbe besitzt. Das war wunderschön mit zu erleben, und ich bedanke mich für das wunderbare Geschenk, was sie uns allen gab. Sehr rührend fand ich, als sie sagte, dass sie oft Spielzeug nicht schön findet, da es immer pink sei. Ihre Lieblingsspielzeugfarbe ist jedoch grün. Dies schmückte sie aus, indem sie ihre Abneigung zur Farbe Pink ausdrückte. Eine wunderbare Geschichte war das. Darum wähle ich bei dem Begriff Alter die Farbe pink.

Großmutter – Grau

Oh ich weiß, nicht sonderlich originell, aber auch das passiert, wenn man Farben mit Menschen spielt. Manche Begriffe wecken eine unglaubliche Übereinstimmung bei den Mitspielenden, wenn sie ihre Farben auslegen. Da sind zu 80% die Farben so stimmig, wie es nur irgend geht. Die interessante Frage dazu ist doch: Warum ist das so, und warum verbinden wir mit manchen Worten eine bestimmte Farbe? Interessant ist es das Spiel mit Kunsttheoretikern und Antropolog*innen zu spielen.

Spaß – Bunt

Für mich ist der Spaß am Spiel so bunt wie ein Regenbogen. Kein Spiel ist wie das andere, und ich bin erstaunt, was ich in den Partien, die ich gespielt habe, alles erfahren und erleben durfte. So vielseitig, bunt und gemischt, wirklich großartig.

Gier – Rot

Uff, wie bringe ich jetzt die Gier in diese Rezension, hmmmm… Also, vielleicht nenne ich mal genau das Gegenteil. Auch das Spiel Farben ist dazu ausgelegt, dass es am Ende eine*n Gewinner*in gibt. Punkte werden verteilt und am Ende steht auch der Sieg. Ich bin ehrlich, wenn wir Farben spielen, dann ist die Punktevergabe echt zweitrangig. Vielmehr interessiere ich mich für die Geschichten und die Farbkonnotationen. Eher danach giert es in mir. Dass es am Ende auch Punkte gibt, ist zweitrangig. Aufregender ist es eher, sich an die Geschichten erinnern zu können. Also, ich für meinen Teil bin gierig nach den Geschichten.

Anziehung – Blau

Ganz ehrlich: Bei dem Wort Anziehung habe ich an eine Jeans gedacht und darum auch an Blau – verrückt nicht wahr? Dabei ist mit Anziehung doch was ganz anderes gemeint, oder? Aber auch das erlaubt das Spiel Farben: Neuinterpretationen und die Bedeutung von … Das habe ich tatsächlich in fast jeder Runde erlebt, dass manche Wörter nicht als das gesehen wurde, was sie im eigentlich meinen. Farben erlaubt es mit den Worten und den Farbinterpretationen zu spielen. Das finde ich ziemlich klasse.

Faulheit – Schwarz

Nun, Faulheit habe ich am Spieletisch wirklich nie bemerkt. Stattdessen ratterten die Zahnräder hinter den Stirnwindungen beim Erinnern der Farbengeschichten. Eine NullBockStimmung habe ich nie erlebt. Darum, für Schwarzseher ist das Spiel ganz sicher nichts.

Appetit – Braun

Schokolade! Hmmm, lecker! Auch wenn gelb und Fritten auch ganz gut gepasst hätte, aber tatsächlich hatten wir in unseren Runden eher immer was Süßes auf dem Tisch liegen. Darum kurz und knapp von mir – Schokolade.

Empathie – Grün

Meine letzte Farbe, und ich finde, sie passt auch ganz gut: Grün. Und Empathie ist auch nicht schlecht bei einer Runde Farben zu haben, denn wer sich erlaubt seine Farbpalette noch bunter mit Geschichten bemalen zu lassen und sich auf die Mitspielenden einzulassen, der wird mit Farben wahrlich beschenkt.

Lecker

  • schöne und schichte Optik
  • Die Farbe steckt nicht im Spiel, sondern im spielen
  • Memory mit Geschichtenerzählen
  • Ich mag die "Intimität"

Pfui

  • Cover und Karten werden schnell schmutzig
  • Nichts für Nichtmerker
  • Wer auf reden und Geschichten keinen Bock hat - nicht Dein Spiel!

Fazit

Funfairist malt heraus

Für mich ist Farben auf jeden Fall eine Superfritte. Ich mag das Geschichtenerzählen und auch das Hören von Geschichten. Ich mag die Assoziationen mit den Farben und die abwechslungsreichen, komischen, ehrlichen, traurigen, ernsten und menschlichen Stories. Toll. So macht Spielen ganz anders Spaß. Der Memory-Effekt ist bei mir eher zweitrangig, und die Punkteverteilung ist bei mir auch nicht weit oben. Die Geschichten machen das Spielerleben bunt. Herzlichen Dank an die Edition Spielwiese und Pegasus Spiele, die uns dieses Spiel für eine Rezension zur Verfügung gestellt haben. Wir freuen uns sehr darüber.
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Superfritte