Bastille

Brettspiele Frittenrezensionen
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Gute Fritte

Gesittet in den Krieg

Paris – der Sturm auf die Bastille steht kurz bevor. Und wir sind mittendrin. Doch bevor wir mit Mistgabel, Knarre und scharfer Guillotine zur Tat schreiten, gilt es den Ansturm gut und gesittet zu planen. Ja, nur mit Köpfchen können wir die Mauern einreißen und der adligen Regierung den Arsch aufreißen. In Bastille, dem Worker Placement Spiel von Christoph Behre, setzen wir unsere Einflussplättchen (Arbeiter) in unterschiedlichen Orten von Paris ein. Ziel: Die beste und ultrageilste Fraktion zu sein, die mir Pauken und Trompeten in den Krieg zieht. Wir schauen auf das Brettspiel Bastille aus dem Hause Queen Games.

Protzig und mit TamTam

Paris liegt vor uns, und auf dem recht großen Spielplan erkennen wir unterschiedliche Sehenswürdigkeiten der Stadt der Liebe. Notre Dame, Place Louis, Versailles, die Katakomben, die Bastille, … Sieben an der Zahl. Aber statt hier Sehenswürdigkeiten abzuklappern und dem Ruf der Stadt der Liebe sich hinzuspreizen haben wir ganz andere Dinge im Kopf: Kampf, Einfluss und Macht. Jawohl. Es reicht mit dem derzeitigen Zustand, der Ansturm auf die Bastille steht kurz bevor.

Doch dieser Vorgang soll gut und wohl geplant sein. So spielt das Spiel VOR der Kampfesausübung. Hier nutzen wir Hirnschmalz und unseren Einfluss, damit der Ansturm auch töfte verlaufen kann.

Bastille ist ein Worker Placement Spiel, doch statt Arbeiter haben wir sogenannte Einflussplättchen, die wir in die unterschiedlichen Bereiche Paris legen können. Je höher der Einfluss und je eher gesetzt, desto lukrativer ist die Ausbeute: Und es gibt viel zu kontrollieren in der Hauptstadt. Geld besorgen, Einfluss vergrößern, Waffen besorgen, Gefolgsleute in die Katakomben schicken, Verbündete anwerben, Diebstahl begehen und Aufträge planen. Ja, es gilt so einiges zu schaffen. Das blöde: So viel zu tun, und nur so wenige Einflussplättchen. Tja, was machen?

Bastille gehört wieder zu den Spielen, in denen man vieles will und nur wenig machen kann. Alles scheint wichtig und unvorstellbar dringend, und dennoch gilt es klug den Kopf bei der Sache zu behalten, denn manch Einflussplättcheneinsatz ist von entscheidender Bedeutung, wann wo gespielt wird.

Der Kopf qualmt

Ja, das habe ich in manch Partien wahrlich gesehen, und ich gebe es zu, auch bei mir rauchte es hier und da aus den Ohren, und meine Mitspielenden dachten, ich hätte einer der Fackeln verschluckt. In einer vollen Besetzung dieses Spiels (3 bis 4 Spielende) hat manche Runde über eine Stunde gedauert, obwohl so ein Spiel in flinken 8 Runden zu Ende wäre. Auch die 90 Minuten haben wir ganz gut mal geknackt. Und warum? Tja, weil der Einsatz der Einflussplättchen wohl überlegt sein sollte. Diese Einladung führte bei manch Mensch zu Kopfzerbrechen, zu langen Planungen und zu Gewissenskonflikten. Ständig wurde abgecheckt, wer hat noch wieviel Einfluss, und wo könnte dieser für andere am besten sein? Spiele ich für mich und meine Strategie, oder sollte ich mich möglichst so platzieren, um einen anderen Spieler zu blocken? Habe ich meine Fernziele im Blick, oder sollte ich kurzfristig planen und die langen Ziele erst einmal außen vor lassen?

Fragen über Fragen, die ständig im Kopf bleiben und das Spiel mit beeinflussen.

Ob das nervig ist? Ganz und gar nicht. Bastille ist ein echt cleveres und taktisches Spiel, bei dem es richtig Freude macht vieles im Blick zu haben, zu planen und sich auch zu ärgern. Ja, es ist ärgerlich, wenn Spielende vor einem genau den Platz wegnehmen, den man sich so sehr zurecht erdacht hatte. Was habe ich nicht hier und da geflucht und böse Blicke über den Tisch geschickt. Dennoch hat man so manches Eigenziel vor Augen und pankt sich mit den Spielenden auf dem Brett um den besten Platz.

Ausstattung

In Bastille steckt ne Menge drin. Alles sprachneutral und mit verständlicher Symbolik versehen spielt sich das Spiel sehr schnell wie von selbst. Die Erklärung geht sehr einfach von der Hand, und schon bei der ersten Runde steht man fragend am Spielrand und sagt: „Ach herrje, was soll ich denn jetzt zuerst tun?“ Wie schon geschrieben, vieles will man, und nur weniges bekommt man.

In der Schachtel befinden sich ein riesiges Brett, hätte schon etwas kleiner sein können, Karten, Plättchen, Figuren und vieles mehr. Alles schaut sehr üppig und fast schon protzig aus. Besonders gefällt mir, dass das Setting so wunderbar stimmig in Gestaltung und Einsetzbarkeit aussieht. Die Spielendenfarben sind die Farben der französischen Flagge, die Plättchen passen überall genau so hin, wie sie sollten (lediglich die Waffen hätten hier viereckig sein können), es gibt klare Orte wo was hinkommt und wie mit was umgegangen wird. Das mag ich sehr.

Zusätzlich befinden sich im Spiel Geldmünzen, Holzsteine, und noch so einiges mehr. Eine volle Kiste, die sicherlich noch weiter ausgestattet werden kann. Und tatsächlich hält Queen Games auch für dieses Spiel wieder so manch kleine Queenies bereit, die das Spiel in manch Kleinigkeit aufpimpen.

Spielfreude zum Kriegsvorgehen

Meine erste Partie Bastille war etwas ernüchternd. Ich dachte mir: „Tolles Worker Placement Spiel, nur leider am Thema vorbei.“ Allerdings ist mir erst ab der zweiten Partie klar gewesen, dass der Ansturm auf die Bastille gar nicht gespielt wird, vielmehr die Vorbereitung, das Prequel sozusagen. Da stand das Spiel schon in einem ganz anderen Licht. Bastille ist echt ein tolles Spiel für Grübelköppe, die sich in einer kleinen Gruppe in die Haare bekommen. Schön. Das mag ich sehr. Egal ob in einer 3er oder 4er Runde – Bastille macht Freude, zumindest in unseren Runden.

Irgendwie wünsche ich mir auch eine 2Personen Variante, die ich mir irgendwie noch via Hausregeln bearbeiten muss.

Ein schönes und unterhaltsames Spiel, was mir und meinen Spielgruppen echt Freude bereitet hat. Und jetzt, entflammt die Fackeln und auf zur Bastille.

Lecker

  • Viele Möglichkeiten, vielleicht auch zu viele
  • Tolle Ausstattung

Pfui

  • Große Downtime
  • Planungen sind nur schwer möglich

Fazit

Funfairist plant heraus

Ein tolles Spiel, dem ich eine sehr sehr gute Fritte gebe. Mir macht Bastille echt Spaß und ich habe mir das Spiel „schön gespielt“. Anfangs war ich noch skeptisch, aber mittlerweile macht die Folgepartie immer mehr Freude. Toll und Daumen hoch. Herzlichen Dank gilt Queen Games, die uns dieses Spiel für eine Rezension zur Verfügung gestellt haben.
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Gute Fritte