Polynesia

Brettspiele Frittenrezensionen
5

Knusperfritte

Die Flucht vor dem Vulkan

Meine Tante hätte gesagt, dass da zu viel Druck im Kessel sei. Nun, so könnte man es auch sagen, denn der Vulkan bebt und macht sich bald auf wild in die Höhe zu spucken. Wird Zeit für unsere Meeplefigürchen das Weite zu suchen, denn wer sich bei Spielende noch auf der Insel befindet, wird zünftig was übergebraten bekommen, wobei die Betonung hier auf „braten“ liegt. Polynesia ist eine Art Wettrennen, bei dem wir versuchen unsere Figuren über Seewege auf die benachbarten Inseln zu bekommen. Dabei brauchen wir Ressourcen und ein kluges Management mit unseren Zügen. Ein Spiel von Peer Sylvester, was bei Ludo Nova erschienen und hierzulande über Asmodee vertrieben wird.

Ein Hingucker

Ja, das ist Polynesia. Die meisten, ja eigentlich fast alle, die bei diesem Spiel kleben geblieben sind, stimmten ein, dass es an der Optik und am Material gelegen hat. Kleine Muscheln, winzige Fische und die kleinen Meeple und Schiffe in pastelligen Farben – einfach drollig und ein Hingucker. Das stimmt. Aber auch das Spielbrett und die kleinen Inselabschnitte, die uns schöne Strandabschnitte zeigen – einfach traumhaft.

Aber so traumhaft geht es nicht zu bei Polynesia, denn der Vulkan hat ordentlich Linsensuppe gegessen und will bald aus voller Butze spritzen. Ja, da heißt es mal: Förmchen und Schäufelchen im Sand stecken lassen und ab auf die Nachbarsinsel, bevor die FlipFlops schmilzen.

Wir ziehen aus einem Säckchen so lange Steine, bis der Vulkan sein Montesuma rauslässt. Bis dahin können wir neue Seewege erschließen, segeln, unsere Meeple aufkommen lassen und fischen gehen. Wann man was wie und warum machen sollte, entscheidet jede*r für sich, und ergibt sich aus der sehr klugen Spielmechanik, denn jede Runde stehen uns nur 3-2-1 Aktionen zur Verfügung, was ganz tricky ist. Was macht man zuerst: Nutzt man die Aktionen für die Fortbewegung, oder doch lieber für das Fischen? Hmmmm, oder sollte ich was ganz anderes machen?

Ich habe diese Art von Aktionsmechanismus selten bis gar nicht in anderen Spielen gesehen, was Polynesia fast einzigartig macht. Und dennoch verläuft so manche Spielrunde nach Schema F. Einige machen genau das Gleiche, was die Vorspielenden gemacht haben, und damit klingt von der paradiesischen Insel leichtes Nachgeäffe. Aber ob es was bringt, das entscheidet der Zufallsgriff ins Säckchen.

Zufall

An sich ist dem Spiel wenig Zufall eigen. Es muss genau berechnet werden, für welche Aktionen man was macht, und in welcher Reihenfolge man was ausführt. Die Positionierungen auf den Inseln müssen gut überlegt sein, und die Hetze nach den Inselplättchen bringt ein Wettrennencharakter mit sich. Und dann ist da dieser Sack, in dem die kleinen Holzwürfel sind. Jede Runde wird ein Steinchen gezogen, und sobald alle 6 roten Steine aus dem Sack sind: Bumm! Der Vulkan furzt die Rosette auf. Ende!

Dies kann mit etwas Glück sogar recht lange dauern, oder aber, schon nach 5 Runden, kann es zu Ende sein. Tja, so ein Vulkan ist einfach unberechenbar. Dadurch entsteht am Tisch ein kleines Bangen: Habe ich noch eine Runde? Soll ich noch was wagen? Schaffe ich es noch auf die Insel? Muss ich mich noch weiter weg bewegen?

Noch mehr Variation kommt auf, wenn pro Runde andere Gezeitenkarten gezogen werden, die bestimmte Punkte und Siegmöglichkeiten bringen. Somit ist jede Runde irgendwie anders, und doch in ihrer Grundstruktur relativ gleich.

Spielspaß

Der Spielspaß war in meinen Runden gegeben, wenn auch hier und da etwas zurückhaltend. Ich kann auch nicht genau sagen, warum die Freude nicht überschwappte, wie das Magma am Vulkanrand, aber irgendwie war das Spiel eher im Mittelfeld, als oberhalb von dem.

Das liegt nicht am Material. Auch nicht an der Spielmechanik. Auch kann es nicht am Zufall des Steineziehens liegen. Hmmm, woran liegt es dann? Ich kann es nicht genau benennen, aber nach meinen Runden habe ich die Mitspielenden gefragt:

Hat es Dir gefallen?

Ja.

Findest Du, dass es ein gutes Spiel war?

Weiß ich nicht.

Würdest Du es kaufen?

Nein.

Würdest Du es noch mal spielen wollen?

Ja.

Was hat Dir richtig gut gefallen?

Die Aktionsphasen. Und dass im Spiel ordentlich Fahrt aufkommt, und man später mehr machen kann.

Würdest Du das Spiel empfehlen?

Keine Ahnung.

Wie findest Du das Spiel optisch?

Super.

Wollen wir noch eine Runde spielen?

Jetzt nicht. Ein anderes Mal.

Tja, diese Kommunikation war öfter der Fall, und ich konnte aus dem Mitspielenden weder ein „WOW“ noch ein „Bäch“ heraushören. Also, ein gutes Mittelfeld. Aber wie viele Mittelspiele hat man gerne im eigenen Bestand???

Lecker

  • Es schaut echt nett aus und ich mag, dass das Spiel im Verlauf an Fahrt aufnimmt.

Pfui

  • Na ja, irgendwie ist das Spiel aber auch unspektakulär und es fehlt einfach der Pfiff. Kann man - muss man aber nicht.

Fazit

Funfairist paddelt sich einen zurecht

Ich vergebe eine gute Knusperfritte. Mir hat der Aktionsmechanismus sehr gut gefallen und das Spiel schaut echt gut aus. Das ist schon mal ne Menge wert. Und dennoch ist im Spiel ein Mittelfeld zu spüren, was das Spiel eher im mittleren Radarfeld unterbringt. Schade. Herzlichen Dank an Asmodee, die uns ein Spiel für diese Rezension gestellt haben.  
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Knusperfritte