Come out playing!

Welche Rolle spielt es schon?

Was spielt das schon für eine Rolle? Spielt es überhaupt eine, oder eine ganz entscheidende Rolle? Und was ist „es“? Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans* Menschen, cis*, non-binär, etc. Sie alle spielen, was? Eine entscheidende Rolle am Spieletisch, oder eben gar nicht? Und wie schaut es mit meinem eigenen Geschlecht aus? Sehe ich mich im Spiel wieder? Spielt mein Begehren im Spiel eine Rolle? Ist das überhaupt wichtig? Viele Fragen, die ich mich mit Markus Chmielorz gestellt habe, mit dem ich diesen Text geschrieben haben. Viel Freude beim Lesen.

A Riot

Schwarze, People of colour und Weiße, trans* Menschen, cis* Lesben und cis* Schwule, Drags – wir sind in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 in New York, in der Christopher Street, im Stonewall Inn. Polizeisirenen heulen, ein Aufstand: Nicht länger drangasalieren lassen, nicht länger verfolgen lassen, nicht länger der Polizeigewalt ausgeliefert sein, ein Aufruhr, ein Aufstand gegen Willkür – „Stonewall was a riot“. So begann, Ende der 1960er Jahre des 20. Jahrhunderts, die 2. Emanzipationsbewegung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans* Menschen in den USA. Bald gab es zur Erinnerung und als Ausdruck des eigenen Kampfes für gleiche Rechte die jährlich stattfindenden „Christopher Street Days“, die „LGBT* Prides“ – in Deutschland zum ersten Mal 1979 in Berlin und am Sonntag, dem 7.7. wieder in Köln mit 1. Mio. Besucher*innen. Dazwischen liegen 50 Jahre Kampf gegen Diskriminierung und Gewalt, für Anerkennung und Gleichberechtigung.

2007 habe ich in Atlanta Janye County („Man enough to be a woman“ – http://www.jaynecounty.com) kennengelernt – was für ein Geschenk! Ich erlebe als Ohrenzeuge, wieviel Kraft, wieviel Energie und wieviel Freude sie ausstrahlt, ich erlebe etwas von ihrem kämpferischen Geist, als sie von jener Nacht in New York erzählt.

Am Spieltisch

Fragst Du Dich, wer neben Dir sitzt, wenn Du spielst? Was zählt für Dich, wenn Du Deine Würfel fallen? Wenn Du Deine Karten ausspielst? Wenn Deine Spielfigur ein Feld weiter zieht? Welche Rolle spielt in diesem Moment Dein eigenes Geschlecht? Deine Hautfarbe? Deine Herkunft? Dein Begehren? Und wie groß ist Deine innere Gewissheit beim Spielen, dass Dich hier und jetzt, die anderen, die mit Dir spielen, vorbehaltlos annehmen? Hast Du mal „Das Spiel des Lebens“ gespielt, als Du 14, 15, 16 Jahre alt warst? Kam das, was Dir wichtig war, kam Deine Form der Liebe, die Du neu entdeckt hast beim Erwachsenwerden, darin vor? Und was hast Du im Spiel über die Ordnung Deiner Welt erfahren?

Wenn ich „Spiel“ und „spielen“ sage, stelle ich mir vor, dass ich nur die eine Seite einer Unterscheidung benenne. Was ist Dein Gegenteil von Spiel? Alltag … Ernst … Anstrengung … Realität … Gewohntes … Festgefügtes … Arbeit? Das Wunderbare am Spiel ist, dass es meine Alltagserfahrungen gleichzeitig intensiviert und mich davon distanziert. Spiele bilden meine Alltagserfahrungen nach und sind doch ganz anders. Spielen ist immanent und transzendiert, es öffnet den Raum meiner Phantasie. Und ist es nicht so: Lesben, Schwule, Bisexuelle, Pansexulle, Asexeulle und Non-Binäre, trans* Menschen transzendieren die Realität, dass es nur zwei Geschlechter gäbe und nur ein Begehren – sie öffnen in der bürgerlichen Gesellschaft den Raum der Phantasie jenseits dessen, was „weiblich“ und „männlich“ an die Kette legen will. Deshalb hat unsere Emanzipationsbewegung soviel Energie entfacht, geboren aus der Wut, dass „Leiden nicht sein, dass es anderswerden solle“. (Theodor Adorno) Im Spiel geht es darum, das Anderswerden spielerisch zu kultivieren. Jedes Ende eines Spiels bringt einen neuen Ausgang mit sich und wieder ein neues, offenes Ende. Das ist vielleicht der größte Unterschied zur Welt außerhalb des Spiels. Jedes Spiel ermöglicht, sich selbst neu zu erfinden, den eigenen Körper neu zu spüren, die eigenen Gefühle neu zu erleben, sich selbst im Kontakt mit den anderen neu auszuprobieren. Sei stolz auf Dich, wie Du gerade bist! Das ist die Botschaft jedes Christopher Street Days und jedes LGBT* Pride March.

Komm raus und sei zu Haus

Und wenn Dir wichtig ist, mit anderen Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans* Menschen zusammen zu spielen, weil Du darauf vertraust, dass Du Dich dort diskriminierungsfreier bewegen kannst, dann ist es gut. Es gibt da draußen eine Menge an Spieletreffs, die offen für Lesben, Schwule, trans*, und vielen weiteren sind. Solltest Du zum Beispiel mal in Bochum sein, dann hier zum Beispiel, unter dem Dach der Rosa Strippe https://www.rosastrippe.net/gruppenbei „Komm raus spielen!“ oder den „gay*mers“.

In Hamburg, im magnus hirschfeld centrum, findet jeden 2. Mittwoch im Monat ein Karten-, Würfel- und Brettspieltreff statt, der für alle offen ist. https://www.mhc-hh.de

Der eingetragene Verein Schwule Jugendgruppe Koblenz (SJK) hat ebenfalls ein buntes Potporrie an Spielen zu bieten. In Spielegruppen und -treffen kann man Würfel tanzen lassen und die Karten auf den Tisch werfen. Schaut mal gerne vorbei: https://www.schwulejugend.de/sjk/

Das AHA in Berlin ist ein Ort der schwulen Subtultur. Aber nicht nur das, der Verein bietet ein buntes und vielseitiges Angebot an. Ja, auch Spiele gehören dazu: Jeden Dienstag findet im AHA ein Spieletreff statt (https://www.aha-berlin.de), der alle Menschen einlädt.

Auch in Dortmund wird viel gespielt. Im KCR (https://kcr-dortmund.de/treff-kultur.html) gibt’s nicht nur 2 x im Monat einen Spieleabend, sondern auch eine feste Doppelkopf-Runde, die sich 2 x im Monat trifft. Und wenn es Dir wichtig ist, mit weiteren Menschen in Deiner Nähe aus Dortmund zu spielen (hier zum Beispiel bei der Brettspielunion https://brettspielunion-dortmund.de, deren Farben die Farben des Regenbogens sind), dann ist es genauso gut.

Viele Referate der Universiäten bieten ein buntes Angebot an Kulturangeboten an. Oft gehört auch ein regelmäßig stattfindender Spieleabend dazu. In Hamburg zum Beispiel, beim Queer Referenat Hamburg (https://www.queer.uni-hamburg.de), kann man jeden Montag auf eine verspielte Truppe treffen.

Und noch ein letztes Beispiel: In Hannover gibt es den andersraum,https://www.andersraum.de, wo ihr immer wieder auf Spielenachmittage oder -tage treffen könnt. Es lohnt sich mal vorbei zu schauen.

Versteck Dich nicht – come out playing!

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