Gärten bei Tag und bei Nacht
Es gibt Pflanzen, die blühen in der Nacht auf, der Anzahl, die tagsüber erblühen ist aber weitaus mehr. Auf jeden Fall versucht die Blume eins: Aufzublühen. Im Kartenspiel Dance of the Fireflies von Oliver Brooks haben wir es auch mit Blumen zu tun, die am Tag und in der Nacht strahlen wollen. Aber auch mit Glühwürmchen, oder wie sie hier so schön heißen, mit Leuchtkäfern haben wir es zu tun. Ich schaue heute mal auf dieses pickepackevolle Kartenspiel aus dem Hause Backspindle Games.
Areacontrolbietsetcollectionspezialfähigkeitenkartenspiel
Wir sind doch nur Gartenlehrlinge. Mehr sind wir nicht. Oder sind wir eine Armee von Leuchtkäfern? Nein, wir sind Blumenfreunde, ja genau, das muss es sein. Nun, was wir sein wollen, ist egal, aber was das Spiel sein will, wird schnell klar: Alles! Oliver Brooks hat versucht in ein kleines Kartenspiel irgendwie alles reinzustopfen, was nur eben geht. Doch ob das viele Düngerzeug dem Spiel gut tut, nun, das kann ich schon mal vorneweg sagen: eher nicht. Leider kommt Dance of the Fireflies ziemlich vollgestopft auf den Tisch.
Dabei ist das Spiel an sich recht simpel und einfach, wenn man ein paar Spielchen gespielt hat. Aber bei der kurzen Spielzeit sind mal eben drei / vier Runden gezockt. Das Spiel ist so schnell zu Ende, dass man sich gar nicht genau umschauen kann, wie schnell das Spiel zu Ende ist. Da geht auch gleich noch ne Partie.
Für alle, die erst einmal wissen wollen, worum es im Großen und Ganzen geht, hier mal ganz schnell zusammengefasst. Wir bauen in Gartenbeeten Blumen an. In jedem Beet nur eine Blume mit unterschiedlicher Farbe. Da es nur 6 Farben im Spiel gibt, kann jedes Beet auch nur maximal 6 Farben besitzen; immer schön nur eine Farbe einzeln bitte. Karten bekommen wir entweder aus der Mitte, oder von der Hand. Um Karten aus der Mitte zu bekommen, setzen wir Glühwürmchen ein, äh, ich meinte Leuchtkäfer, die bei Mehrheit uns die Karte in die eigene Auslage bringen. Oder wir spielen so Karten in unsere Auslage, aber da geht bei jeder Karte n Glühtierchen bei flöten. Karten, die aus der Mitte in unsere Beete gepflanzt werden, haben nen netten Mechanismus, denn die Drehscheibe in der Mitte unterteilt die Kartenauslage in Tag und Nacht. Nun kommt es auf die Karte an, welche wann blüht: Tagesblumen tagsüber und Nachtblumen in der Nacht. Der die Mehrheit an Glühkäfern besitzt (bzw. das Rennen mit seinem Royal macht) bekommt die Karte, und kann ggf. noch eine weitere Karte aus der Hand spielen.
Das ist aber noch nicht alles, denn Blumen haben auch Spezialfähigkeiten, wie das nun mal so ist in der Natur. Und wenn man Karten erhält, kann man sogar deren Fähigkeiten nutzen, die noch mehr Schwung in die Pflanzenkiste bringen. Und noch ehe man sich versieht, ist eine Partie Dance of the Fireflies zu Ende, denn gefühlt dreht sich die Sonnenuhr gerade mal einmal um sich selbst, dann ist auch schon das Ende eingeläutet.
Zuviel des „Guten“
Hier wurde versucht ziemlich viel in ein kleines Spiel zu stopfen, wie man nur konnte. Vielleicht würde das klappen, wenn Dance of the Fireflies ein Spiel mit Modulen wäre, die man sich zu Anfang aussucht, und mit denen man spielen würde. Aber so, wie das Spiel ist, spielt es sich total überfrachtet und viel zu voll, bei der kurzen Spielzeit.
Karten sammeln und eine eigene Auslage bilden, dann Leuchtkäfersteine auf Karten bieten, eine Art Area Control, dann kommt noch eine Biet-Powerfunktion des Royals dazu, der zudem noch eine Einsetzmöglichkeit hat, dann haben die Blumen Spezialfähigkeiten, die sogar eine Art Enginemechanismus und Kettenreaktion mit sich bringt. Puh, Joker, Unkraut und noch mehr nenne ich hier mal gar nicht.
Gepaart wird das alles mit einer sehr schönen Optik und Ausstattung, die aus dem viel noch mehr machen möchte. Aber ob das alles dem Spiel gut tut?
Ich finde nein. An sich ist Dance of the Fireflies ein kleines Kartenspiel, was in seiner Schlichtheit und seinem Karten erhalten und in Beete anbauen wunderbar ausgereicht hätte. Vielleicht auch die Bietsache noch dazu. Aber im Spiel fühlt sich das Ding einfach zu voll und zu unklar an.
Regeln, hä was?
Ach, wo ich gerade „unklar“ schreibe. Mein lieber Scholli, aber die Regeln (vor allem die deutschen Regeln) sind dermaßen unklar und schwierig zu verstehen, dass ein kurzer Einstieg ins Spiel ziemlich erschwert wird. Ich empfehle hier gleich die englischen Regeln zu lesen, denn die deutsche Anleitung lässt nicht nur Rechtschreibfehler erblühen, sondern stellt viele Fragezeichen in die Augen.
Wobei das die englische Regel auch gut kann. Viele „wenn – dann“ Sätze und Querverweise kommen drin vor. Dann weiß man hier und da gar nicht, wann man Karten aus der Hand spielen darf, und wann nicht, wie Bonushandlungen aussehen, und so weiter. Man hätte die Regeln echt anders aufziehen, und damit verständlicher machen können. Dabei ist das Spiel gar nicht so kompliziert. Aber es wird leider kompliziert gemacht.
Den Blumentopf gewinnt die deutsche Regel in Rechtschreibung und Unklarheiten. Uff, ziemlich wirr das ganze. Zumindest für ein einfaches Kartenspiel.
Und letztlich gibt es noch einen Kritikpunkt für die Spezialfähigkeiten, die die Balance ins Ungleichgewicht bringt. Wer einmal verstanden hat, wie man „am besten“ die Blumen ausspielt, nämlich in der Reihenfolge: orange, gelb, weiß. Mit dieser Auslage macht man unverhältnismäßig Punkte und zwar viele davon. Hat man so eine Kombi aber nicht auf der Hand, schaut man etwas mager in die Röhre. Aber gerade diese Kombination von Karten lässt die eigenen Beete explodieren, wenn man diese Karten besitzt. Hm, ich weiß ja nicht, ist das ausgewogen?
Ne ne, da bewundere ich doch lieber die schicken Bilderkarten und erträume mir ein kleines Beet mit kleinen Bienchen, die des nachts durch strahlende Glühwürmchen, äh Leuchtkäfer abgelöst werden.