Die Quacksalber von Quedlinburg

Brettspiele Frittenrezensionen
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Gute Fritte

Ein Süppchen mit Allerlei

„Aha! Wieder einer mit Ziegenpeter, Schmetterlingen im Bauch und jemand, dem das Pech anne Hacken klebt. Mooooment! Da kann ich helfen. Etwas Kürbisextrakt, dann 2 Totenkopffalter, etwas Kreuzspinne, ach ja, und Fliegenpilz – das darf auch nicht fehlen. Ups! Jetzt sind mir 3 Knapperbsen in den Trank gepurzelt – egal. Wird schon nicht schlimm sein. Soooo, noch zum Abschluss etwas Alraunwurzel, und ZACK, fertig ist der Trank. Hier, bitte schön. Macht 10 Mark Fünfzig! Die Flasche kannst Du behalten. Wie? Selbstverständlich sollst Du das trinken – was dachtest Du denn? Heeee, das ist 1a Ware. Vertrau mir!!! Heeee, komm zurück! Pffff! Dann verreck doch, ich werde meinen Trank schon los, keine Sorge …“ Und damit herzlich Willkommen auf dem Markt der Quacksalber, Kurpfuscher und Scharlatane. Hier werden Tränke gebraut, zusammengekippt und in Fläschchen gegossen. Letztendlich zählt die Kohle und das Ansehen, was wir Giftmischer hier einheimsen. Ein lukrativer Markt mit Menschen, die auf der Suche nach den widerlichsten und ekelerregendsten Tränken sind. Gutes Geschäft für uns: Erst die Kundschaft krank machen, und dann Gegenmittel verticken. Gute Verkaufsstrategie.

Wir schauen heute auf das „Bag-Building“ Spiel Die Quascksalber von Quedlinburg (Wolfgang Warsch) und verraten euch unsere Meinung zu diesem kurzweiligen Spiel aus dem Hause Schmidt Spiele.

Ein Trank gegen Käsefüße bitte

Kommt sofort! Und wie wild greifen wir in unsere Zutatenschränke, die hier als Sack dargestellt sind, und kippen allen möglichen Krimskrams in den Pott. Hauptsache, das Ding fliegt uns nicht umme Ohren. Knallerbsen sind nicht so cool, die machen aus dem Trank schnell ein gepantschtes Bodengebräu. Solange die draußen bleiben und wir fleißig Zutaten in die Suppe kippen, ist alles im Lot. Je mehr, desto teurer können wir die Pampe verticken. Geilo.

In Die Quacksalber von Quedlinburg sind wir diese besagten Giftmischer, die das jämmerliche Leid der Kundschaft lindern wollen. Na ja, wenn wir ehrlich sind, eigentlich interessiert uns die Gesundheit der Leute n Scheiß. Hauptsache die rücken mit dem Zasta rüber und sprechen über uns in den höchsten Tönen, denn nur wer fett Geld macht im Spiel und Ruhm einheimst, der ist auch König der Marktschreier und King Dingelding der Suppenküche.

Ich packe meinen Sack mit …

In Deckbuilding Spielen geht es darum, dass ein vorhandenes Deck (meistens Karten) anfangs noch mau und unausgebaut aussieht. Ziel ist es: Das eigene Deck wachsen zu lassen. So werden immer mehr (zum Beispiel) Karten gekauft, diese eingemischt, damit die Auswahl größer und lukrativer wird. Deckbau beschränkt sich nicht auf Karten, auch Würfel wäre eine Zutat, die man dafür nutzen könnte – ein sogenanntes Dice-Building. In Die Quacksalber von Quedlinburg haben wir es mit einem „Bag Building“ zu tun; wir pimpen unseren Zutatensack mit allerlei Extrakten, um jeweils ein eigenes anderes Süppchen zu kochen. Zutatenchips werden gesammelt, gekauft, gezogen, wieder in den Sack geworfen und so weiter und so fort. Das klappt sehr gut und passt thematisch zu Die Quacksalber von Quedlinburg aller erste Sahne.

Das Spiel verläuft über 9 Runden. Anfangs sind wir noch nicht in der Lage große und verkaufsträchtige Tränke herzustellen. Aber mit der Zeit wächst unser Ansehen und das Portemonnaie, so dass wir uns immer mehr Zutaten kaufen können.

Knallerbsen sind in dem Spiel die Nieten, und sorgen dafür, dass uns das Gebräu irgendwann um die Ohren fliegt. Bis zu sieben Stück verträgt so ein Kessel an Knallerbsen, aber bei mehr macht es PUFF (außer, ihr spielt mit den Alraunwurzeln des dritten Sets), und die Pampe quaddelt uns umme Ohren. Schöne Kacke. Zwar können wir den Brei noch verbimmeln, oder zu Ruhm machen, aber beides ist mit der Soße nicht drin.

So versucht man sein Süppchen durch die Beimischung von bestimmten Zutaten interessant und taktisch raffiniert zu brutzeln. Die Zutaten, die wir haben, besitzen nämlich alle (bis auf den ollen Kürbis) Spezialkräfte, die uns allerlei Abwechslung in den Kessel zaubert. Manche befördern Knallerbsen wieder zurück in den Sack, andere bringen uns Extraschritte im Kessel, wieder andere bringen zusätzliche Punkte oder Geld, wieder andere zaubern aus dem Nichts Rubine her. Ja, da ist schon einiges los im Zutatensack. Da gilt es taktisch und wohlgeplant die Zutaten zu kaufen, denn ein waches Auge auf die Fähigkeiten der Zutaten können den Sieg stark beeinflussen.

Zu allem taktischen Einkauf kommt es aber auch auf ein glückliches Händchen an, denn Tränke kochen ist schon was besonderes. Manchmal läuft es richtig gut, und an anderen Tagen ist die Suppe mal so richtig Kacke.

Wir ziehen mit unseren Patschehändchen die Zutaten aus dem Beutel. Es kann vorkommen, dass einem die Scheiße an den Fingern klebt, denn eine Knallerbse nach der anderen kommt ans Tageslicht. In anderen Runden meint es Fortuna richtig gut mit uns, und die erste Knapperbse zeigt sich erst auf Position 7 oder 8. Wow, das wird der Mega-Mörder-Ober-Saft, den Du hier zusammenrührst.

Glück und Können mit Manöverkritik

Und damit fange ich mal mit meiner Meinung zu Die Quacksalber von Quedlinburg an. Tja, manchmal fragt man sich, warum man so teure Zutaten gekauft hat, die man eh nicht zieht. Ein 4er-Zutaten-Chip ist (egal welche Sorte) echt teuer. Und schon des öfteren habe ich feststellen müssen, dass der Kauf zwar vollzogen, aber das Ziehen vergeblich war. Ärgerlich, aber so ist das wohl nun mal bei diesem Spiel. Es ist nicht (wirklich) beeinflussbar, OB eine Zutat gezogen wird. Die Zutaten wandern nach der Runde wieder alle in den Sack, und in manch Spieldurchgängen kam ein gekaufter 4er-Fliegenpilz nie ans Tageslicht. Schade. Aber ist wohl so.

In anderen Partien hat man auch das Knallerbsenpech an den Fingern: Da ist der Zutatensack picke-packe-voll, und was zieht man eins nach den anderen? Richtig! Knapperbsen ohne Ende. Bei so einem Glück sollte man sofort Lotto spielen. Ärgerlich! Aber auch hier: Das ist nicht beeinflussbar.

Dies führt mich zu meinem ersten Kritikpunkt. Hier haben wir kein Deck oder einen Bag, den wir „durchspielen“. Wir sind drauf angewiesen, dass wir ein glückliches Händchen haben, dass wir „richtig“ ziehen. Das kann gut geht, aber das kann auch ziemlich in die Hose gehen. Da kann das teure Kaufen noch und nöcher geschehen – wenn man scheiße zieht, zieht man scheiße.

Ich komme mal zu meinem nächsten Kritikpunkt und zu einer Empfehlung an euch da draußen, die das Spiel noch nicht gespielt haben: Bitte spielt ehrlich! Schummeln ist bei diesem Spiel echt blöd! Und leider ja, das Spiel gibt die Möglichkeit, dass beschissen werden kann. Während alle ihren Trank rühren, spielt jeder für sich alleine. So richtig nachverfolgen wird man nicht, was der oder die andere aus dem eigenen Beutel zieht. So könnte es auch nicht auffallen, ob Mitspieler a nicht doch einen kleinen Blick in den Beutel wagt und kurz erhaschen kann, ob sich eine Knapperbse oder was anderes zwischen den Fingern befindet. Man selbst ist so absorbiert und angespannt beim Zutatenziehen, dass das nicht wirklich auffällt. Wir empfehlen daher immer mit der synchronen „Rühren“-Aktion zu spielen – also alle ziehen gleichzeitig ihre Zutaten und legen diese aus. Das macht auch zudem mehr Spaß, wie wir finden.

Und abschließend noch einen letzten Punkt meiner negativen Kritik. Wir haben das Spiel jetzt schon in unterschiedlichen Konstellationen und auch mit unterschiedlichen Sets gespielt. Und wirklich oft zeigt sich, dass der- oder diejenige, der*die in der Mitte des Spiels führt, nicht mehr eingeholt werden kann. Trotz Schwanzvergleich (der Ratten), wir hatten oft die Situation gehabt, dass die, die sich zur Mitte des Spiels den Sack vollpacken konnten, auch am Ende in Führung gingen. Hmmm, ein Leaders-First-Problem? Oder war das nur bei uns so??? Auf jeden Fall sorgte dieser Zustand für die eine oder andere Stirnrunzelei.

Jetzt aber mal was Schönes

Genau! Jetzt aber mal was nettes zu Die Quacksalber von Quedlinburg!

Leute, wenn ihr euch Die Quacksalber von Quedlinburg kauft, dann holt ihr euch wirklich ein sehr abwechslungsreiches und „nie gleiches“ Spielerlebnis ins Haus. Okay, die Züge und so verändern sich schon nicht, aber immer, wirklich immer ist das Spiel anders, weil immer anders gezogen wird. Auch wird das Spiel durch die Vielzahl an Zutatenfähigkeiten immer anders. Spielt man mit den vorgeschlagenen Sets, ist das Spiel schon super, aber fängt man erst mal an die Zutatenfähigkeiten selber zusammen zu setzen, dann ist wirklich jedes Spiel immer wieder anders.

Wolfgang Warsch ist damit echt ein vielzähliges Spielerlebnis gelungen, von dem wir echt begeistert sind. Wow! Das ist super und echt toll am Spieltisch.

Weiter holt ihr euch ein echt schönes Spiel nach Hause. Dennis Lohausen ist wahrlich ein Künstler und macht aus dem Spiel ein Quell des Träumens. Eintauchen möchte man in die Kesselkunst und drin baden in all der ganzen Pracht. Sehr sehr schön.

Auch haptisch ist Die Quacksalber von Quedlinburg ein Leckerbissen, zu dem wir echt nur eine Empfehlung aussprechen können.

Lecker

  • Sieht schön aus
  • Immer wieder anders
  • Thema und Mechanismus sind super abgestimmt

Pfui

  • Viel zu glückslästig - man spielt den Sack nicht durch
  • Lädt zum schummeln ein, weil alle für sich spielen
  • Wir haben in unseren Runden ein First Leader Problem festgestellt

Fazit

Funfairist rührt zusammen

Ich vergebe dem Spiel eine sehr liebe und gut gemeinte gute Fritte. Das Spiel hat sich optisch in mein Herz geköchelt und ist lecker in meinen Händen. Auch das Spielkonzept mag ich sehr. Jedoch muss ich auch meine Kritikpunkte noch mit einbeziehen. Mir gefällt es nicht, dass manch teurer Kauf, den man mal getätigt hat, evtl. sich nie zeigen lässt. Das ist wirklich sehr schade. Gerne hätte ich meinen Sack mal „durchgespielt“ Ein herzliches Dankeschön an Schmidt Spiele, die uns dieses Spiel für eine Rezension zur Verfügung gestellt hat.
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Gute Fritte