Man muss auch Gönnen können

Frittenrezensionen Würfelspiele
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Kalte Fritte

Ich muss gar nichts

Wenn mir ein Spiel sagt und vorschreibt: Man muss auch gönnen können, dann bin ich ja fast schon zickig am Spieltisch, verschränke die Arme und knautsch skeptisch aus den gefurchten Brauen heraus. Bei Schmidt Spiele ist ein Roll & Write auf abwaschbaren Kärtchen herausgekommen, welches genau so heißt: Man muss auch gönnen können. Dahinter stecken die beiden von mir sehr geschätzten Männer Ulrich Blum und Jens Merkl. Das Spiel hat mich leider sowas von gar nicht abgeholt. Sorry, aber ich will nicht gönnen können.

Ich kann auch müssen

Ich werde hier nicht die Regeln wiedergeben, denn ihr könnt euch die Regeln entweder selber durchlesen, oder so manches Vorstellungsvideo anschauen, das es im Netz gibt. Da lernt ihr schnell und Zack Zack die Regeln. Aber an dieser Stelle schon mal an die Redaktion von Schmidt Spiele: Ich finde diese Regeln echt nicht einfach geschrieben und an manchen Stellen unglücklich ausgedrückt. Ich bin sehr regelbewandert und habe einige Tausend sicherlich schon gelesen, aber das geht besser und leichter. Ganz sicher.

Aber wie schon geschrieben, ich will mich nicht an den Regeln aufhalten. Komme lieber gleich mal zum Spiel. Lieber Ulrich, lieber Jens, ich mag euch wirklich wirklich sehr und ihr beiden seid mir wahrlich ans Herz gewachsen, und vielleicht werdet ihr mir nach dieser Rezension eine gepfefferte Nachricht zukommen lassen. Nun dann, dann ist das so, aber leider muss ich sagen, dass das Spiel Man muss auch gönnen können mich überhaupt nicht abgeholt hat. Überhaupt nicht. Und nicht nur mich, sondern auch nicht meine Spielgruppen und -runden.

Es ist schon besonders, wenn ich in drei, ich wiederhole, drei unterschiedlichen Gruppen miterlebt habe, wie das Spiel abgebrochen und nicht zu Ende gespielt wurde. In einer Runde gab es Regelunklarheiten, die beiden anderen sagten: Geht das jetzt noch so die ganze Zeit weiter? Können wir was anderes spielen?

Man muss auch Mus essen

In Man muss auch gönnen können arbeiten wir uns an Aufträgen ab. Aufträge, die abwaschbaren Karten, sind Wertungen und Boni. Auf ihnen tragen wir Zahlen ein, die gewürfelt werden. Als passiver Spieler haben wir hier den Vorteil von den Neuwürfen zu profitieren, denn aus dem Ramsch des aktiven Spielers können wir was bei uns eintragen.

Aktive Spielende wollen dagegen ihre Aufträge fertig machen und hoffen auf passende Würfe – am besten auf dem ersten Schlag, denn dann geht die gierige passive Brut leer aus.

Bis es aber soweit ist, muss der Ramsch gewürfelt werden, und damit können sich die anderen am Geworfenen laben. Das nennt man so fein: Man muss auch gönnen können.

Ganz so gönnerhaft kommt es im Spiel gar nicht rüber. Sondern als notwendiges Übel. Jede Runde kann man irgendwie was eintragen und würfeln, und als aktiver Würfler bist du quasi gezwungen 3x zu würfeln, da sonst Deine Chance nicht greift. Man muss auch gönnen können fühlt sich so an wie: Warte mal, ich würfel für Dich und Du trägst Dir was ein. Hmm, weiß nicht.

Das war eine Kritik, die einer in einer Runde mal anmerkte. Es fühlt sich so an, als ob man einfach für andere würfelt. Ist jetzt nicht so der Spaßbringer.

Nun ja, aber das macht ja vielleicht die Taktik an Man muss auch gönnen können aus. Man würfelt eben nicht die Würfel, die andere gebrauchen können. Aber leider war es in jeder Konstellation und fast jeder Runde so, dass egal welcher Würfel geworfen wurde, immer etwas gebraucht wurde. Die Aufträge und die Anzahl an Zahlen war immer sehr groß. Nur in manch wenigen Runden brauchte mal jemand die eine blaue eins zum Beispiel, die Runde um Runde nicht kommt. Aber sonst war in den Runden keine Spannung drin.

Auch ein „Würfelerbeten“ war nicht gegeben. In keiner Runde. Kein mal war die Freude am Tisch vertreten, endlich und genau diese eine Zahl gewürfelt zu haben. Freudenschreie, tiefe Ausatmer und Lebendigkeit ist in den gespielten Runden nicht gegeben. Stattdessen trägt immer und überall jeder etwas ein. Mal mehr – mal weniger.

Meine Spielerfahrung ist auch von den Erlebnissen mit anderen Gruppen geprägt, und wie schon geschrieben, ich habe noch nie die Erfahrung gemacht, dass in drei unterschiedlichen Gruppen das Spiel abgebrochen wurde. Das ist schon besonders.

Man kann auch müssen

Verfolge ich so manch Berichte in sozialen Netzwerken, so kommt Man muss auch gönnen können auch ganz gut weg, darum glaube ich, dass das Spiel sicherlich so manch Mensch erreicht zum „gerne noch einmal“ spielen. Ich aber muss leider sagen: Man muss auch gönnen können sollte unbenannt werden in Nicht noch einmal.

Ich möchte aber nicht nur schreiben, wie weit entfernt wir beiden (also das Spiel und ich) von einander sind, das wäre zu einseitig und zu reaktionär. Das Spiel hat interessante und besondere Aspekte. Nicht nur bei Silver & Gold vom NSV können wir Krakeleien von der Karte wischen. Auch hier machen wir das, was ich an sich toll finde.

Auch schätze ich, dass man die Karten in einem 3 x 3 Raster auslegt und damit bestimmte Wertungen (kommt auf die Aufgaben an) initiieren kann. Irgendwie ist da auch ein Puzzle-Element drin, was ich ganz nett finde.

Und ich finde die verwaschene Optik der Karten auch ziemlich gelungen. Bei jeder Karte habe ich das Gefühl, ich müsste sie sauber machen, da sie aus Vorrunden so dreckig ist. Das ist gewollt und ich finde das ganz cool, den eigenen Monk auszutricksen.

Dennoch, und dabei bleibe ich, dieses Spiel und ich, wir werden leider keine Freunde. Für mich ein ganz kaltes Stück Spielmaterial. Sorry, lieber Jens und lieber Ulrich, aber das ist not my cup of tea.

Lecker

  • Die Würfel sind hübsch, und der used-look der Karten

Pfui

  • Hier kommt keine Freude auf - würfeln für andere, mehr ist das hier eigentlich nicht.

Fazit

Funfairist muss gar nichts

Eine ganz kalte Fritte ist das für mich. Nein, nein, nein, das Spiel kam bei mir und auch meinen Runden nicht gut an. Führte sogar zu Abbrüchen. Und das lag nicht daran, dass ich mitgespielt habe, sondern auch unabhängig von mir. Immer das gleiche, wenig Würfelanspannung und Hoffnungsbibbern, der Gönnenaspekt ist eher drangeklebt, und man würfelt einfach für andere. Hm, nein, nicht mein Spiel.

Ein ganz liebes Dankeschön an Schmidt Spiele, die uns ein Rezensionsexemplar gestellt haben.

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Kalte Fritte