Beschwört den Kraken – oder auch nicht!
Wir schreiben die 20er/30er Jahre. Irgendwo in Arkham (Massachusetss) ist immer was los. Da ist die Rede von einer Saat des Todes, irgendwas mit Blutsäufern, Traum und Wirklichkeit, Blagen verschwinden und da gibt es auch noch eine Hexe, und was ist eigentlich mit Pasquale??? Ja ja, die Mythos tales – unheimliche Ermittlergeschichten, und wir mittendrin. Statt einfach den ollen Armitage beim Kragen zu packen, ordnetlich durchzuschütteln, so dass er die Antworten rausbröckelt machen wir uns auf den Weg, um Antworten zu finden. In Mythos tales schlüpfen wir in die Agent*innen-Anoraks und lösen Fälle. Ein langandauerndes und sehr atmosphärisches Ermittlungsspiel aus dem Hause Pegasus Spiele für 1 bis 10 Menschen. Macht euch bereit.
In dieser Stadt geht´s unheimlich daher
Boa, wir haben jetzt ganz schön lange Mythos tales gespielt. Fast über 1 Jahr hinweg haben wir zu regelmäßig stattfindenden Treffen immer wieder Mythos tales gespielt. Das liegt vor allem daran, dass wir es in einer 9 – 11 köpfigen Runde gezockt haben, und unsere Sessions immer ausgiebig und zelebrierend gespielt haben. Auf der Verpackung steht: 90 bis 120 Minuten Spielzeit pro Fall. Nun, in einer kleinen Runde mag das hinkommen, aber in einer vollen Besetzung wie im Schnitt 10 Menschen, mit denen wir dieses Spiel durchgespielt haben (pro Fall), dauert eine Partie auch gut mal 3 bis 4 Stunden. Schlimm? Ganz im Gegenteil, sehr atmosphärisch und überaus spannend. Wir bereuen das ganz und gar nicht.
Aber mal langsam mit den Ermittlungspferden. Um was geht es denn in Mythos tales? Nun, kennt ihr noch Sherlock Homes Criminal-Cabinet aus dem Jahre 1985, was den Kritikerpreis erhalten hat? Das ist das gleich Spiel, nur in Arkham, und mit anderen Fällen, und auch etwas mehr Material. Aber vom Grundgedanken her genau das Gleiche. Wir haben eine Landkarte von Arkham, und können von Ort zu Ort gehen. Uns steht ein fettes Buch der Ermittlungen zur Verfügung, in dem wir nachlesen können, was wo warum und wie passiert. Wir lesen uns immer wieder Geschichten vor, Erlebnisse und auf der Zeittafel tragen wir die Zeit ab. Uns stehen nämlich pro Ermittlung immer nur bestimmte Zeit-Abschnitte zur Verfügung. Ein Tag besteht aus 3 Zeiteinheiten, morgens, mittags und abends, und in manch Fällen ist es wichtig zu wissen, zu welcher Zeit man wo hingeht: „Klar gehen wir nachts zum Hexenhaus – warum denn nicht nachts???“
Wir sammeln bei unseren Ermittlungen Hinweise, und versuchen irgendwie den Fall zu lösen. Oft wissen wir am Anfang gar nichts. Eine kleine Spur gibt uns meistens Armitage vor, ein Doktor der Miskatonic-Universität, unser Mentor, aber so richtig viel erfahren wir nicht. Hier müssen wir einen Mord aufklären, da ist jemand verschwunden, und dort gibt es komische Zeichen an der Wand. Hmmmm, alles sehr mysteriös.
Nach und nach rutschen wir immer tiefer in die unheimliche Welt, die unter Arkham brodelt. Was ist denn da los in der Stadt? Hier will man aber nicht sein Lebensherbst verbringen, und den Frühling schon mal gar nicht.
Wir können bei unseren Ermittlungen unterschiedliche Menschen befragen. Einige ergeben so richtig Sinn, andere sind vollkommen nutzlos und verplempern nur unsere kostbare Zeit. Tja, weiß man ja nicht, hätte ja auch sinnvoll sein können. Hätte!
Ein Spielgefühl
Genau! Hätte! Manchmal haben wir uns bei den Ermittlungen voll verrannt und sind ins Nichts gelaufen. Vollkommen der Spur peripher vorbei gedackelt. Menno, das machte hier und da sehr viel Frust. Erst beim dritten Fall oder so haben wir vermehrt auf die „Hilfreichen Kontakte“ geschaut, die sich am Ende der Spielregeln befinden. Darum ein lieb gemeinter Hinweis an alle Mythos tales Spielenden: NUTZT DIE HILFREICHEN KONTAKTE! Diese sind echt wertvoll und sollten nicht aus den Augen verloren werden.
Aber wer sich auch „einfach so“ auf den Weg macht, kann mit Scharfsinn und Kombinationsfähigkeit sehr weit kommen. Das Buch der Ermittlungen gibt für alle was her, und manchmal macht es auch einfach Spaß in Arkham umher zu laufen und zu schnüffeln.
Aber wie verhält es sich denn mit dem Spielspaß? Nun, das kann ich uneingeschränkt mit „Wow“ und „Voll super“ und „Klasse“ bezeichnen. Wir waren bei jedem Fall echt drin, auch wenn so mancher Fall uns eher lag, als andere. Hatten wir zum Beispiel beim König und beim verschwundenen Mädchen richtig Freude, oder haben eine Glanzleistung beim Fall „Pasquales Wette“ hingelegt, so sind wir bei, „entschlummert-Fall“ voll auf die Nase gefallen. Auch „Fleisch und Blut“ hat uns nicht ganz abgeholt, war aber sehr interessant. Aber, ich will hier nichts verraten, denn das Spiel lebt davon selber auf den Straßen der Stadt umher zu wandern, Leute zu besuchen, Kombinationen zu bilden und zu Rückschlüsse zu kommen. Für alle: Fangt am besten mit Fall 1 an, denn der ist echt super und macht gleich Spaß und süchtig auf das weitere und nächste Szenario.
Auch empfehle ich die Ermittlungen der Reihe nach durchzuführen. Auch wenn sie nicht wirklich bedingungslos zusammenhängen, so hatte ich beim Spielerleben große Freude hier und Dinge wiederzuerkennen. Auch lernt man die Mitmenschen der Stadt kennen. Manch Menschen kommen noch einmal vor, und auch manch „Sage“ aus vergangenen Zeiten können wiedererkannt werden.
Frustpotential bei der Fragestellung
Mythos tales ist nicht nur ein Spiel des kombinierfreudigen Spielspaßes, nein, es ist auch ein Spiel des Frustes. Schon innerhalb des Spiels ist Frust vorprogrammiert, wenn man kostbare Zeit damit verschwendet, Menschen aufzusuchen, die nicht zu Hause sind (grrrrr), auch ist es sehr frustrierend, wenn man das Gefühlt hat überhaupt nicht weiterzukommen, nein, die große Frust kommt erst am Ende, wenn wir Fragen beantworten müssen, um die Punkte zu errechnen. Oft habe ich mich gefragt: Brauchen wir Punkte? Muss Armitage uns wieder vorhalten, wie blöd und unfähig wir sind? Muss ich vor Augen geführt bekommen, wie äußerst daneben ich lag? Oh ja, Mythos tales hat mich und uns sehr frustriert. Oft war es uns unverständlich, wie man „auf die eine Lösung“ hätte kommen sollen? Sinnvoll war es nicht genau diesen Weg abzugeben, den uns Armitage am Ende mitteilt. Nein, ganz und gar nicht. Zum Frust gesellt sich Ärger, wenn Fragen gestellt werden, die man gar nicht, also so ganz und gar nicht beantworten kann. Häh? Was für ein Mädchen? Häh? Was für ein Typ? Häh? Was für ein ….? Ja, das frustriert richtig. Leider haben wir daraus so manch Mythos tales Runde mit einem „Hmm, na ja, ich weiß nicht“ beendet. Das ist schade und dem Spiel überhaupt nicht gerecht, denn das Spiel ist super und macht echt viel Spaß. Wenn man aber am Ende einen in die Ermittlervisage geboxt bekommt, ist es egal, wie toll das Spielempfinden war. Leider trübt diese Punkte-Bestimmung meine Meinung zu Mythos tales sehr. Ich finde sogar, dass die Punktevergabe das Spiel zum Ende hin kaputt macht. Überhaupt nicht nötig hier eine „Bewertung“ der eigenen Ermittlungsfähigkeit zu geben. Wie wäre es, wenn man am Ende Fragen gestellt hätte, um herauszufinden, ob man eine Antwort dazu hat? Vielleicht sogar so, wenn man die Antwort nicht eindeutig wisse, man einen Hinweis bekommen würde, Person A oder Ort B aufzusuchen … Das würde ggf. die erneute Spielaufnahme erhöhen, die bei Mythos tales gleich Null ist.
Genau, Mythos tales spielt man nur einmal. Danach legt man das Spiel weg. Ein zweites Mal wagt man sich nicht an den Fall. Das Rätsel ist gelöst, der Geschichtsverlauf ist klar, die Story ist erzählt. Der Wiederspielreiz eines Szenarios ist gleich Null, aber um Mythos tales erneut mit einer neuen Geschichte in die Hand zu nehmen, diese Variante ist sehr hoch.