Fließbandarbeit
Die Verpackung sieht so unscheinbar aus, und eigentlich könnte man meinen, ein Kinderspiel aus den 90ern steht im Regal. Aber schaut man etwas näher und versucht sich an einer Partie, wird man dem Spielenamen gleich agieren, nämlich: Ausser Rand & Band sein. An einem Fließband produzieren wir Roboterteile, die zusammengesetzt werden. Wir erwürfeln uns die Teile. Halt. Stopp. Nicht wir würfeln, sie werden erwürfelt. Wer mehr wissen will über das Spiel von Holger Schmidt aus dem Zoch Verlag, liest einfach weiter.
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(Im Folgenden schreibe ich das Wort „Ausser“ mit „ß“.) So, jetzt erst mal Meckermodus an, bevor ich zum jauchzen komme. Aber die Verpackung von Außer Rand & Band geht leider überhaupt nicht. Sorry, aber da habt ihr euch keinen einzigen Gefallen Tagen liebe Zochler*innen. Die Größe sei mal dahingestellt, aber das Cover? Jetzt wirklich? Ist das aus der Zeitmaschine gefallen? Und dann thematisch voll zu spät. Wir sehen kleine niedliche Roboter im Wasser plantschen und Öl saufen? Und die kleine Fließbandmaschine ganz unscheinbar im Hintergrund? Sorry, das hat mit dem Spiel überhaupt nichts zu tun. Gar nichts. Viel eher wäre ein Blick in die Maschine angebracht. Was passiert am Fließband? Was wird hergestellt? Würfel, die hier vorkommen könnten gezeigt werden. Und was hat der Rand des Bandes mit dem Spiel zu tun? Ne, ne, ne, aber dieses Cover wird erst beim zweiten, oder gar dritten Mal sehen erst wahrgenommen.
Was sehr schade ist, denn Außer Rand & Band verdient es überaus näher betrachtet zu werden, denn das Spiel ist einfach nur toll. Und gar nicht nur für Kinder. Auch Familien und Vielspielende können hier sicher Gefallen finden. Ganz sicher sogar. Außer Rand & Band hat mich wirklich sehr überrascht und kann als echter Mini-Geheimtipp genannt werden. Zumindest von meinen Spielerfahrungen her. Aber um was geht es denn?
Würfel-Mechanik
Außer Rand & Band ist ein Würfelspiel. Aber kein Würfelspiel im herkömmlichen Sinne, denn obwohl wir Würfel werfen, werden diese für Roboterteile nicht genutzt. Vielmehr legen wir gewürfelte Würfel auf ein Fließband. Die Zahl bestimmt die Position. Danach setzen wir Würfel am Rand der Maschine ein, um Aktionen durchzuführen. Am Ende schieben wir Plättchen in das Fließband, und schieben damit andere vordere Plättchen hinaus. Darauf gelegene Würfel purzeln das Fließband runter, werden automatisch gewürfelt und bestimmen die Vergabe des Plättchens. Wenn es also ums Eingemachte der Roboterteile geht, wird das Ergebnis durch das Spiel selber gewürfelt. Interessanter Mechanismus.
Unsere Aufgabe ist es möglichst viele Würfel geschickt zu platzieren, so dass die Wahrscheinlichkeit des Gewinns in der bestimmten Würfelsumme erhöht wird. Zwar hängt hier vieles vom Zufall ab, dennoch kann man die Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses durch die Aktionen beeinflussen.
Mehrere unterschiedliche Aktionen stehen uns am Rand zur Verfügung: Würfel hinzufügen, Würfel verschieben, Würfelzahl bestimmen, etc. So macht es das Spiel raffiniert und vor allem trickreich und teilweise auch strategisch. Ist es sinnvoll jetzt alle Randwürfel zu verschieben? Sollte ich meine Würfel verschieben? Bedarf es eines weiteren Würfels ganz vorne? Wie wahrscheinlich erwürfelt XY mehr Punkte, als ich?
Wenn die Roboterteile aus dem Fließband flutschen und die Würfel fallen, wird es spannend, und so manches Mal kommt was ganz anderes raus, als geplant. Teils ärgert man sich, teils freut man sich.
Symbiose Mechanik, Spielename und Spiel
Nein, ein Kinderspiel ist Außer Rand & Band wirklich nicht. Vieles ist zu beachten und zu planen. Ein fertiger Roboter in einer Farbe bringt 7 Punkte. Das kann ausschlaggebend bei diesem knappen Sammelspiel sein. Darum sollte die Planung der Teile sehr bedacht erfolgen. Aber auch sollte man seine Gegner im Auge haben, denn auch die versuchen einfarbige Roboter zu erstellen. Da nimmt man ihnen doch lieber die passenden Teile weg. Ein ärgern und Haareraufen am Fließband beginnt.
Dass das Spiel Außer Rand & Band heißt, finde ich genial. Denn tatsächlich setzen wir unsere Würfel auf dem Band ein, und nutzen den Rand für unsere Aktionen. Außerhalb des Fließbands geschieht das, was geschehen soll, fern ab unseres Hinzutuns.
In Außer Rand & Band geht es um Maschinenbau, um Mechanik und um Automatisierungen. Das Würfeln am Ende greift dies ganz galant auf und lässt die Würfel würfeln, was passend zum Thema gehört. Auch die Optik passt wunderbar zum Thema des Spiels. Roboter, Zahnräder, Fließband und am Rand (durch Würfel ausgeführt) Hebel, Schalter und Konsolen. Hätte man das Spiel nicht so „kindlich“ aufgezogen, wäre Steampunk ideal für das Thema gewesen.
Auch das Spielempfinden und die Mechanik sind keineswegs mechanisch und geschehen automatisch, sondern müssen wohl bedacht werden: Wann befindet sich mein Plättchen mit den Würfeln wo, und was mache ich im nächsten Schritt? Halt Stopp, ich muss umdenken, denn jetzt habe ich 2 Dreien gewürfelt, was mache ich denn jetzt? Ich brauche doch den roten Roboterkopf, der auf der 4 liegt???
Ein spannendes und kniffliges Würfelspiel, bei dem sich die Mitspielenden gut in die Quere kommen. Auch in einem 2 Personen Spiel spielt sich Außer Rand & Band sehr angenehm und sorgt für Überraschungen.
Fazit
Außer Rand & Band hat mich echt überrascht. Und nicht nur mich, auch meine Mitspielenden. Das hätte man der Verpackung gar nicht zugetraut. Sieht aus wie ein Spiel für Kleinkinder, aber wenn man mal in die Maschine (Verpackung) schaut und das Spiel spielt – wow. Eine sehr schöne Überraschung. Diese Robotermaschine gefällt mir.