5 Runden und ein Burgenland
Wer bei Burgund in erster Linie an Fuselbrühe und Schenkelspreizer denkt, der sollte seinen Alkoholkunsum mal genauer unter die Lupe nehmen. Burgund ist ne ehemalige Region im Herzen Frankreichs gewesen; und im 15. Jahrhundert angesiedelt spielt das taktische Aufbau-Würfelspiel Die Burgen von Burgund von Stefan Feld, was bei alea (Ravensburger) 2011 erschienen ist. Wir bauen unser Fürstentum aus, handeln, erweitern Wissen, betreiben Viehhandel, und so weiter. Wir schauen heute auf dieses fantastische Spiel, was selbst mit ein paar Jahren auf dem Buckel, sich immer noch frisch, fromm, fröhlich, frei anfühlt.
Wohin mit dem Würfel?
Ja ja, vorbei die „guten alten Zeiten“, in denen man einen Würfel warf, die Zahlen (Augen) zusammenzählte, diese aufschrieb, und die 6-Seiter weiterreichte. Schnell und zufällig – das machte ein Würfel aus. Wenn man einen simplen Würfelwurf mit einem komplexen Spiel wie Die Burgen von Burgund vergleicht, wird schnell erkennen, das sich in Sachen Würfelnutzung so einiges im Spielgeschehen geändert hat. Spöttische Fragen wie „Ist das wie Kniffel“ können hier ganz klar mit „NEIN“ entgegengebrüllt werden. Nein, Die Burgen von Burgund sind nicht wie Kniffel, so gar nicht.
2011 brachte alea die 14. große Spielkiste raus, und mit dem Namen Stefan Feld drauf war dem Spielekenner klar: Oha! Hier haben wir wieder ein Würfelgewicht mit Auswahlvielfalt.
Wenn man die Kiste öffnet, und die vielen Materialien in der Schachtel sieht, erkennt man schnell: Ein Würfelspiel ist das lange nicht mehr, denn im Gegensatz zu läppischen 9 Würfeln, summieren sich die über 160 Sechseck-Plättchen, die vielen weiteren Kärtchen, Geld- und sonstige Chips zusammen. Und dennoch spielt der Würfel die entscheidende Rolle in diesem taktischen Aufbauspiel.
Das Fürstentum
Wir, die Spielenden, sind Fürsten und bauen unser Fürstentum aus. Jeder für sich. Jeder am eigenen Plan. Zwar gibt es einen großen Spielplan, der als Ressourcenlager, Rundenanzeiger, Punktezähler, etc. dient, aber jeder Spieler bastelt an sich am eigenen Spielertableau herum. Nur von den Zinnen unserer Startburg, von den Viehweiden und aus dem Schornsteinen unserer Städte können wir dem Mitspieler entgegen winken, juchuuuuhhh…
In Die Burgen von Burgund versuchen wir Siegpunkte zu erringen. Diese bekommen wir, indem wir zum größten Teil dadurch, dass wir Gebiete bebauen. Auf unserem Tableau können wir weitere Burgen bauen, aus Minen schürfen, Gebäude zu Städten formieren, über Wasserwege Handel betreiben, auf Weiden Tiere grasen lassen, etc. Ja, ein Fürstentum hat viel zu bieten.
Und viel zu bieten bekommt ein Spieler in Die Burgen von Burgund. Hier gilt es wahrlich ein offenes Auge und ein strategisches Planen in der Gesamtsicht des Ausbaus des eigenen Fürstentums zu haben. Anfangs kann die Vielfalt der Möglichkeiten etwas erschlagend wirken, aber nach 1 oder 2 Runden weiß der Spielende sehr gut, wie die Maus zum Käse kommt. Wenn dann noch die Würfel äußerst günstig fallen, und in der Hoffnung, dass die Mitspieler einem nicht alles vor der Nase wegschnappen, kann der Ausbau des eigenen Fürstentums sehr gut funktionieren.
Ich werde hier nicht die einzelnen Regeln wiedergeben, denn die sind einerseits online abrufbar, und mittlerweile gibt es viele Rezensionen und Videos, die den Spielablauf erklären. Da braucht es nicht noch mal einer Erklärung. Vielmehr möchte ich auf das Spielgefühl und das Spielerlebnis eingehen, was wir von unserer ersten Partie bis heute erfahren durften.
Zurück ins Jahr 2011/2012
Es müsste 2011 oder 2012 gewesen sein, als ich mit einem Freund das Spiel Die Burgen von Burgund das erste mal spielte. Ich weiß noch, dass mich das Spiel lange im Nachhinein beschäftigt, aber vor allem bewegt hatte. Ich hatte bis dato noch nicht so viele Spiele von Stefan Feld gespielt. Zwar kannte ich den Namen, hatte auch schon von Notre Dame gehört und bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur Revolte in Rom gespielt. Darum war mir der Name bekannt, aber richtig viel gespielt hatte ich noch nicht von Herrn Feld. Mit Die Burgen von Burgund bin ich eingestiegen in die Feld-Spiele, und bereue diesen Einstieg bis heute nicht.
Mich hat nachhaltig beeindruckt, dass im Spiel so viel Zufall und Strategie gleichermaßen und ausgewogen vorhanden waren. Das hat mir sehr gefallen. Wie schrieb Schiller schon einst: „Den Zufall gibt die Vorsehung – zum Zwecke muss ihn der Mensch gestalten.“ In Die Burgen von Burgund kann schon mal passieren, dass genau diese Warenkärtchen ausliegen, die man selber lagern möchte, dass genau die Würfelaugen fallen, die man just benötigt, dass genau die Gebäude ausgelegt werden, die meine Stadt benötigen … Und manchmal passiert genau das Gegenteil: Da liegen Plättchen da, wo sie nicht „sein sollten“, da wird dieses und jedes ausgelegt, was einem gar nicht passt, da fallen die Würfel so, dass sie einem „nicht schmecken“. Aber, in Die Burgen von Burgund muss man sich nicht Fortunas Willkür hingeben. Wir haben Möglichkeiten die eigenen Würfel zu beeinflussen, an anderen Stellen weiter zu bauen, ja haben die Möglichkeit aus vielen Möglichkeiten zu wählen. Das macht die Feld-Spiele auch aus: Wir bekommen so viele Möglichkeiten, und man selbst muss die Entscheidung treffen, was man genau jetzt hier und nun tuen will – und damit die Konsequenz trägt.
Ich weiß noch, dass ich bei meiner ersten Partie in den ersten Runden ziemlich überfordert war: Was mache ich denn nun zuerst? Was kommt denn noch? Was ist denn klug jetzt und in der ersten Runde zu machen? Mir fiel es nicht so leicht die Weitsicht zu haben. Das war einerseits anstrengend, andererseits machte es auch sehr viel Spaß.
Die Burgen von Burgund ist kein leichtes Spiel. Leicht spielt es sich schon, wenn man einmal verstanden hat, was zu tun ist, und dennoch liegt dieses Spiel eher im Kennerbereich, als im Familienbereich. Also, an die Wenigspielenden und Familiennewbies da draußen: Spielt erst mal ein paar andere Spiele, bevor ihr euch an Die Burgen von Burgund wagt: Hier haben wir es schon mit einem schwereren Kaliber zu tun.
Fazit
Die Burgen von Burgund ist ein tolles, strategisches, „vielplättriges“ und strategisches Ausbauspiel mit Würfeln und Multimöglichkeiten. Ein Spiel, dem nicht viel Interaktion zwischen den Mitspielenden beiwohnt, aber dennoch Mitspielende gemeinsam beschäftigt.