Ein weiterer Tag
Wer denkt, damals, als man noch in der Höhle gemeinsam am Feuer saß, und dabei zusah, wie Künstler ihre Fingerfarbe an die Wände brachte, gab es nur Friede-Freude-Eierkuchen, nun, der kann ich täuschen. Denn auch zur frühen Menschgeschichte ward einiges zu tun. Paleo führt uns in eine Zeit der Keulenschwinger und Speerwerfer zurück. Gemeinsam und kooperativ arbeiten wir uns von Tag zu Tag und versuchen dabei nicht Hops zu gehen. Ach ja, und das Malengepinsel sollte auch nicht aus den Augen verloren gehen.
Ich schaue heute mit euch auf Paleo von Peter Rustemeyer aus dem Hause Hans im Glück, was bei Asmodee vertrieben wird.
Leute, ich habe ein Mammut gesehen
Der Kampf gegen ein Mummt musste zur damaligen Zeit etwas ganz besonderes gewesen sein. Nicht umsonst zeigen so viele Höhlenmalerei den Kampf gegen die Riesen. Neben einem tollen Höhlenmotiv an der eigenen Höhlentapete springt bei einem erlegten Mammut auch ne Menge Fleisch und Fell bei rum. Cool. Lohnt sich.
Aber um so ein Riesenkollos zu erlegen, bedarf es einiges an Arbeit und guter Ausrüstung. Auch das ist unsere Arbeit in Paleo. Wir müssen nicht nur unser Wandgemälde weitermalen. Damit wir das überhaupt fertig bekommen, bedarf es einiges an Mammuterfahrung zu sammeln.
Aber das ist nur ein möglicher Part, den wir im kooperativen Spiel angehen müssen. Wir brauchen auch weitere Ideen, wir müssen Waffen und Werkzeuge herstellen, wir sollten Essen beschaffen und wir erweitern unsere Völkergröße. Bei all den vielen Dingen, die wir zu tun haben, kann so manches Unheil auch geschehen. Und das passiert im Spiel relativ häufig. Manchmal verletzten wir uns bei einem Kampf, dann war eine Tat zu leichtsinnig, und wieder ein anderes Mal rennt uns ne Wildsau über die Quanten. Aua! Mit jeder weiteren Situation kann uns hier und da ein Schaden zugefügt werden. Ja, auch so schlimm, dass manch Mensch den Tag nicht überlebt. Schlimm – ist aber eben so.
Die Hauptaufgabe, die uns begleitet: Werden wir den Tag überleben und haben wir genug Erfahrung gesammelt, um unser Höhlenbild weiter zu malen?
Kartenmanagement
Paleo ist ein sehr aufgepimptes Kartenspiel mit einer sehr ungewöhnlichen Ausstattung. Wer Spiele mag, die über recht ungewöhnliche Stanzungen verfügen, ist hier genau richtig. Eckig, kantig und außergewöhnlich. Und ein bisschen fühlt sich die Spielweise auch so an: Eckig und außergewöhnlich. Wobei „eckig“ hier nicht schlecht meint, ganz im Gegenteil. Aber einfach außergewöhnlich und ungewöhnlich dazu.
An sich spielen wir alle unsere Kartendecks durch, die wir zufällig ausgeteilt bekommen. Die Kartenrückseiten geben zwar einen Hinweis (in etwa) drauf, was wir erleben werden, aber man kann nie sicher sein, da auch unter den Rückseiten hier und da manche Falle auf uns lauert.
Wir spielen nach und nach unsere Karten durch und entscheiden zusammen: Was machen wir? Helfen wir einander? Wollen wir das Abenteuer allein angehen. Brauchen wir Hilfe von anderen? Müssen wir uns über zwei mögliche Abenteuer unterhalten und abwägen, welches „besser“ für uns wäre?
Paleo ist ein kooperatives Spiel, was „wirklich“ kooperativ gespielt werden muss. Alphaspieler kommen hier nicht so weit, denn es muss gut mit einander gesprochen werden, was gemacht werden sollte.
Mir gefällt an Paleo sehr, dass genau diese Kommunikation nicht spielerabhängig ist, sondern durch die zufällig verteilten Karten abhängt. Wer kann Hilfe geben? Wer erhält Hilfe? Spezialisieren wir unsere Stämme unterschiedlich und welche Vorteile haben wir dadurch? Das gefällt mir sehr am Spiel, und irgendwie habe ich von Anfang an das Gefühl: Leute, wir kommen nur weiter, wenn wir wirklich zusammenarbeiten.
Kein guter Tag
Was wäre ein kooperatives Spiel, wenn uns das Spiel selbst nicht hier und da in die Schuhe kacken würde? Eben – nichts! Genau das macht das Spiel oft auf herrliche Art und Weise; es haut so richtig fies zu. Ziemlich oft decken wir recht unschöne Karten auf, müssen Gefahrenkarten entsorgen und erleiden Schaden. Auch will das Volk ernährt werden, und wie oft habe ich Schädel sich anhäufen sehen, weil wir nicht zugange kamen mit all den Aufgaben, die anstanden.
Herrje, nicht schön. Also, nicht schön in der Narration. Schön aber im Erleben des Spiels, denn Paleo ist ein Spiel, was unter die Haut gehen. Wie oft hatten wir mit den letzten Karten noch mal Glück gehabt, dass wir doch ausreichend Futter beisammen hatten, kämpfen und Dinge bauen konnten. Paleo lässt Spiel intensiv erleben. Ein sehr angenehmes und schönes Gefühl.
Auch wenn manch Mensch stirbt, oder ausscheidet, das Spiel ist nicht vorbei, und oft hat man noch die Möglichkeit, das Ruder doch noch einmal für eine Runde herumzudrehen.
Mit den vielen zusätzlichen Karten und Modulen, die das Spiel bietet, wird Paleo nicht langweilig – sondern abwechslungsreich. Obwohl ich das Spiel nun mittlerweile schon sehr oft gespielt habe, ich kenne noch lange nicht die über 200 Karten und weiß von der Zeit von damals noch so wenig …
Ein Spiel für Viele
Ich habe Paleo schon mit vielen und unterschiedlichen Menschen gespielt. Spielunerfahrene sind anfangs etwas erschrocken ob der „eckigen“ Spielweise. Kommen aber dennoch nach einer Partie hinein. Etwas erfahrene Spielende und Vielspieler werden sich hier schnell zurecht finden.
Meine Erfahrung zeigt, dass alle bisher auf ihre Kosten gekommen sind. Ein wunderbar kniffliges Spiel mit einer interessanten Spielerfahrung im Verlauf. Abwechslungsreich, ungewöhnlich und wirklich interessant und lustig.
Egal, mit wem ich das Spiel gespielt habe, die Meinungen waren alle gleich: Wow! Das hat Spaß gemacht. Wollen wir noch eine Runde?
Und genau das kann auch ich sagen: Ja! Sehr gerne noch eine Runde. Ich will noch viel mehr erfahren und erleben. Also: Wetzt die Speere, auf geht´s. Da vorne, schnappen wir uns das Mammutbaby!