Crown of Emara

Brettspiele Frittenrezensionen
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Superfritte

Bewerbungsverfahren um die Krone

Der alte und weise König Thedorius will abwinken und den durchgesessenen Thron gerne abgeben. Doch wer soll den Platz einnehmen? So ein Königsplatz ist schon eine Aufgabe; ein Volk will regiert werden, und ein Dach wollen sie auch über dem Kopf haben. Die Herrschaft zeigt sich auf dem Land, in der Stadt, im Adel und Berater*innen wollen auch gut gestimmt werden. Puh! Ganz schön viel im Blick zu haben. Und damit herzlich Willkommen zu Crown of Emara, dem vielschichtigen Worker Placement Spiel von Benjamin Schwer. Pegasus Spiele haben ein großartiges Kennerspiel herausgebracht, bei dem 1 bis 4 Spielende ca. ne Stunde viel im Blick haben müssen.

Ein Krönchen wär ein Träumchen

Nein, wir haben kein Brettspiel vor uns liegen – vielmehr ein Bretterspiel, denn Crown of Emara weist gleich 2 Bretter auf, auf denen wir unsere Aktionen durchführen können. Auf dem Lande produzieren wir Rohstoffe, heizen den Ofen für knackfrisches Brot ein und sorgen für Arbeitsplätze unserer Handwerkermenschen. In der Stadt wird aus dem Rohstoff mehr gemacht, denn Burg, Kirche, Marktplatz und Baustelle warten auf Verarbeitungsmöglichkeiten. Auch Berater*innen haben eine Rohstoffentgegennahme sehr gerne, um ihren Finger für den*die Spieler*in krumm zu machen. So hechten unsere Augen gerne mal hin und her und wieder zurück, um auszurechnen, welche Aktion auf welchem Brett gerade besonders vorteilhaft für uns ist.

In Crown of Emara simulieren wir eine Wirtschaft eines kleinen Volkes, die es in sich hat. Beinah alle Ecken und Enden wollen bedient werden, und was uns fehlt, ist oft Zeit, Rohstoff und Entscheidung, denn viele Hebel gilt es zu bedienen, und leider sind die Ablageplätze der Aktionsmöglichkeiten begrenzt – Crown of Dilemma, wäre hier angebrachter. Dieses Spielgefühl zeigt sich oft in einer Partie von Crown of Emara. „Sollte ich jetzt lieber zwei Schritte nach vorne gehen, um diese Rohstoffe einzusammeln? Oder, hmmm, ich sollte lieber 2 Schritte in der Stadt vorgehen, denn das brauche ich auch. Ach ne, ich benötige ja diese Rohstoffe. Hmmm, halt stopp, aber da komme ich gar nicht hin …“ Ja, unter der Crown of Emara, die wir zu tragen wünschen, wuselt es im Kopf vor Entscheidungen und Kombinationen.

Vieles will man, Begrenztes bekommt man

Wer einmal verstanden hat, wie der Hase in Emara so pfeift, der*die ist ziemlich schnell drin in der Spielweise des Spiels. An sich ist es auch nicht schwer und ein Spielzug geht lockerflockig von der Kartenhand: Karte ans Tableau legen, Bewegen und Aktion in beliebiger Reihenfolge ausführen, Zusatzaktion abwägen, und fertig. Dazwischen hat das Hirn viel Brutzelzeit für sich, die die Krone erwärmt, denn in Crown of Emara sollte gut überlegt und abgeschätzt werden, was man wann genau tut. Es ist von Vorteil möglichst frühzeitig den Spendenhintern in die Kirche zu bimmeln, denn jede weitere Spendenaktion wird kostspieliger. Auch sollte man nicht die Burg aus den Augen verlieren, denn ein Patschehändchen mit blinkenden Siegelringen braucht man unbedingt, um vor dem Adel angeben zu können – keine Ringe an den Fingern, keine Krone auf dem Köpfchen. So sieht es aus.

Aber nicht nur Kirche und Burg sind wichtig und wertvoll. Wer es verpasst auf der Baustelle zu schuften, kann seine Baupunkte der Häuser schnell sehr weit hinten sehen. Ja ja, das liebe Volk will auch n nettes Dach über der Rübe wissen, und gerne auch einen Kamin, einen Außenfahrstuhl und Photovoltaik am Haus – verwöhntes Pack! Soll es doch auf dem Lande schuften und Brot backen.

Ach ja, Land, auch hier zeigt sich: Handwerkermenschen einstellen, Rohstoffe sammeln und möglichst vorteilhaft ein knackiges Brot kassieren. Auch wenn die Produktion von Broten in unseren Partien eher selten/weniger durchgeführt wurde, so können die Brote sehr zum Vorteil sein, um das schuftende Volk am Bauplatz wohlig zu stimmen. Und schick sehen sie auch aus, das mal am Rande.

Opulentes Emara

Ach, wo ich gerade schick und opulent schreibe: In Crown of Emara hat man wirklich ein volles und hübsches Schächtelchen vor sich liegen. Spezielle Spielendentableaus, besonders gestanzte Papptokens in Form von Ringen und Broten, etc., unterschiedliche Holzfiguren, Karten, Land- und Stadtpläne mit 2 unterschiedlichen Seiten, und und und. Crown of Emara ist voll und bunt. Fast schon zu bunt? Einige Spielende empfanden die reguläre Spielseite fast zu erschlagend. Bunt, durcheinander, detailliert und viel zu wirr. Es brauchte schon 2 Runden, um alles erkennen zu können. Spielerfahrene hatten damit weniger Probleme, aber auch aus deren Rachen rutschte hier und da heraus: „Mein lieber Scholli, dat is aber n buntes Brett!“

Selbstreflexiv verweist die Gestaltung des Spielmaterials auf die Vielseitigkeit des eigenen Spiels. Hier ist im wahrsten Sinne des Wortes viel los, und vieles sollte man im Blicke haben. Dabei ist es nicht möglich in wirklich allen Bereichen weit vorne zu liegen. So zeigt sich, dass im Spiel unterschiedliche und viele Strategien zu einer wachsenden Bevölkerung und Bauentwicklung führen. So ist die Farben- und Zeichenvielfalt ganz passend zum Spielgeschehen gewählt. Ob das Absicht war, nun, ich schätze nicht, aber ’n netter Zufall.

Wer es etwas rustikaler wünscht, dreht die beiden Bretter einfach um und kann dann Crown of Emara in light spielen – zumindest, was die Optik angeht.

Noch ein Krönchen für das Thrönchen

Crown of Emara hat zum Ziel die sagenumwogende Krone am Ende auf dem Throne stolz präsentieren zu können. Wer es schafft Bürger und Bauentwicklung gleichermaßen gut voranzubringen, der oder die kann bald vom Herrschendensitz Befehle aussprechen. Es ist von Vorteil bei diesem adligen Streifzug unterschiedliche Kronen Probe zu tragen. So empfehle ich die unterschiedlichen Adelstitel nicht aus den Augen zu verlieren. Die Bürger*innen von Emara werden pfeifen und mit Luftschlangen und Konfetti werfen, wenn man peu à peu eine neue Krone präsentiert. Um diese Kronen tragen zu können, braucht es Siegelringe und Münzen. Ja ja, Zasta und Prunk regieren den Adel. Aber so ist das nun mal, Hauptschmucktinnef muss sich auszahlen.

Letztlich steht die Königskrone an erster Stelle, und wer diese trägt, ist King Dingeling, oder auch die gleichnamige Königin. Bis die Zeremonie und die ehrenvolle Krönung stattfinden kann, vergehen gute 60 Minuten, die unterhaltsam, abwechslungsreich und voller Grübeleien stecken.

Crown of Emara ist ein sehr vielseitiges, buntes, komplexes und unterhaltsames Spiel, was mir sehr viel Spaß bereitet. Ich mag es so viele Möglichkeiten zu haben, und mich dann immer wieder entscheiden zu müssen. Ich mag die Gestaltung, das Material und die Geschichte. Zwar hätte ich mir gewünscht bei diesem Spiel auch mehr in Konflikt mit meinen Mitspielenden zu treten, aber das kann ich gut und gerne verschmerzen, denn dafür gefällt mir der Spielfluss von Crown of Emara zu sehr. Ich genieße es sehr, wenn meine Mitspielenden an ihren Nägel knabbern und hin und her überlegen, was sie denn nun (endlich) machen sollen. Ich spüre förmlich, wie es in den Cortexwindungen der anderen britzelt, und habe da Freude dran zu sehen, in welchen Dilemmata sie sich befinden. He he he …

Lecker

  • Wunderschön gemalt und gestaltet
  • Vieles ist zu bedenken und viele Wege führen zum Sieg
  • Abwechslungsreich und herausfordernd

Pfui

  • Manchen etwas zu bunt
  • Jeder brutzelt sein eigenes Süppchen - wenig Interaktion untereinander
  • Downtime kann mal vorkommen

Fazit

Funfairist setzt sich die Krone auf

  "Ein sehr unterhaltsames, buntes und vielseitiges Spiel, was anfangs in seinen Regeln (in der ersten Runde) zu erschlagen mag, sich aber nach nur einer Runde flüssig spielt. Meist setzt dann die Problematik an, dass man vor lauter Bäumen (hier Möglichkeiten) den Wald (hier die „richtige“ Entscheidung) nicht sieht. Ein wirklich großartiges Spiel, was ich sehr gerne in voller Besetzung spiele. Herzlichen Dank an Pegasus Spiele, die uns dieses Spiel für eine Rezension zur Verfügung gestellt haben. "
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