UltraQuest

Brettspiele Frittenrezensionen

UltraQuest – Abenteuer und Tod und Ehre! in Ultimor.

Wie ihr vielleicht wisst, bin ich nicht nur leidenschaftliche Brettspielerin, sondern bin seit dem 18. Lebensjahr auch dem Rollenspiel verfallen. Und am PC und an der Konsole zocke ich auch gerne, aber das ist heute hier gar nicht das Thema. Es geht ums Rollenspiel. Und ums Brettspiel. Ja, gleichzeitig. Denn ich möchte euch von UltraQuest erzählen – und das ist beides in einem, irgendwie … und es ist auch ein bisschen Abenteuerbuch …

Warum liegt UltraQuest jetzt hier neben mir? Nunja …
Wenn irgendwo Abenteuer, Rollenspiel und Spaß im Fantasy-Setting draufsteht, dann hat das Produkt meinen ersten Blick direkt schonmal auf sich gezogen. Ich kann mit Weltraum und Science-Fiction nicht sonderlich viel anfangen, dafür umso mehr mit allem Mittelalterlichen und Fantastischem. Und da ich immer auf der Suche nach unterschiedlichen Regelsystemen bin, die im besten Fall mit wenig Regel auskommen, bin ich auf UltraQuest gestoßen, da es ziemlich genau in mein Beuteschema passt.

Kommt mit nach Ultimor!

Ulti – was?

Ulti-Mor!

Das ist das Land, in dem wir unsere Heldengruppe durch die Gegend jagen und in dem wir die Abenteuer mit ihnen bestreiten. Ultimor besteht aus unterschiedlichen Landstrichen, die wir peu a peu kennenlernen können. Jetzt nicht unbedingt so, dass wir erfahren, wie es hinter der nächsten Ecke aussieht, sondern viel mehr, indem wir an den eigenen Leibern erfahren, wer und was sich da so rumtreibt und welche Dinge wir dort erleben können. Damit wir wissen, wo wir uns gerade befinden liegt im Spiel eine DIN A3 Landkarte bereit, über die wir uns von Gebiet zu Gebiet bewegen.

Wer ist wir?

Na, du und ich und noch einige Freunde – wobei ich sagen würde, dass 3-4 Personen die beste Anzahl für dieses Spiel ist. Und auch, wenn ich sonst kein Fan von Solo-Spielen bin, finde ich es an einem grauen Sonntag gar nicht so verkehrt, ein Stündchen alleine nach Ultimor abzuhauen … Wie auch immer: alle, die mitspielen, erschaffen sich eine Heldengruppe die, zumindest zu Beginn, aus 4 Wesen besteht. Dabei kann man auf vorgefertigte Heldengruppen zurückgreifen oder selbst eine zusammenstellen. Zur Wahl stehen unterschiedlichen Klassen, die man sicherlich schonmal gehört hat, wenn man sich ein bisschen für Fantasy interessiert: Es gibt Zwerge, Menschen, Elfen, Halblinge und so etwas und Halbenten.

Halb – Enten.

Ja, genau: Halbe Enten. Wie halbes Hähnchen. Nur halt mit Enten. Hier, sowas –>
Ich hab schon viele unterschiedliche Klassen in Rollenspielen gespielt, aber eine Ente war ich zum ersten Mal bei UltraQuest. 😉 Und das aber gar nicht so wirklich. Denn ich bin kein einzelner Charakter in diesem Spiel, sondern vielmehr ein Gruppenführer, der eine Heldengruppe durch Ultimor leitet. Ich bin quasi ein Aufpasser und kein Charakter, in den ich mich hineinversetze. Auch dadurch baue ich irgendwie eine Art Verbindung zu meinem Trupp von Helden auf, aber (für mich persönlich) völlig anders, als im Rollenspiel. Wer also eine tiefe Verbundenheit zu einem Stück Papier aufbauen möchte, der wird das hier bei UltraQuest wahrscheinlich nicht können. (Mal davon abgesehen, dass der Verbrauch an Helden hier um einiges größer ist, als in einem „normalen“ Rollenspiel. Weil durch einen verpatzten Würfelwurf ein Held schonmal hops gehen kann.)

Wie funktioniert das Ganze?

Es ist eigentlich einfach und ich finde, dass einige Regelabschnitte es einem schwerer machen, als es sein muss. Die Begrifflichkeiten sind irgendwann geläufig, aber gerade am Anfang musste ich einige Male nachschlagen, um zu schauen, was diese und jene Abkürzung bedeutet. Ich kürze mal ab – solltet ihr euch für Regeldetails interessieren, könnt ihr einen Blick in das Regelheft 2.1. werfen. Ich habe hier die 3. Auflage liegen, vom Grundkonzept hat sich aber nichts geändert, vielmehr wurden wohl Details und kleinere Fehler geändert und angepasst. Auf www.ultimor.de gibt es ein Nachschlagewerk zu UltraQuest.

  1. Gruppe erstellen oder vorgefertige Gruppe auswählen.
    Wir haben einen Gruppenbogen, der quasi eine Zusammenfassung und Sammlung dessen ist, was wir erleben bzw. wer Teil unserer Gruppe ist. Dann gibt es für jeden Helden in der Gruppe einen eigenen, kleinen Charakterbogen. Es gibt 4 Attribute, die im Laufe des Spiels immer wieder getriggert werden: Bewegung, Stärke, Geschick, Intelligenz.
  2. Mit Stift und Radiergummi bewaffnen.
  3. Hinsetzen, spielen. Allerdings nicht kooperativ, wie man es normalerweise von so einem Spiel gewöhnt ist. Nein, jeder kümmert sich um seine eigene Gruppe und verfolgt das eine Ziel: 100 Ehre! sammeln oder einen legendären Gegenstand in Ultimor finden. Da schafft man vor allem durch viel, viel Spielen und die richtigen Entscheidungen. 😉
    In der Spielanleitung steht allerdings auch, dass man UltraQuest auch ohne ein solches Ziel spielen kann oder von 100 auf 20 Ehre! runtergeht, wenn man eine kürzere Spielzeit möchte oder mit mehr Menschen spielt.Das geht im Allgemeinen so:
    Wir starten in Traumburg oder Abendheim und bewegen uns dann die Karte in Richtung Norden hoch. Also: Langsam. Und erst dann, wenn wir dafür bereit sind. Ohne Fleiß kein Preis. Unter jedem Gebiet steht eine Zahl, die angibt, wieviel Ehre man gesammelt haben sollte, um eben dieses zu betreten. Hält man sich an diese Empfehlungen nicht, kann das schnell zu einem Himmelfahrtskommando werden – aber … ich sach mal … Lernen durch Schmerzen.

Wenn wir uns an einem Ort befinden, wird gewürfelt. Ein Mitspieler liest den jeweiligen Textabschnitt aus dem Ereignisbuch vor. Manchmal passieren unbeeinflussbare Dinge, die man hinnehmen muss (ob man will oder nicht) und manchmal ist man auch an Stellen, an denen man Entscheidungen treffen kann. Man kann Dinge finden, in Kämpfe flutschen oder in Situationen geraten, die das Leben kosten kann. Immer wieder müssen Proben geschafft werden, damit daraus Dinge resultieren – und die können ganz unterschiedlich sein. Im Ereignisbuch gibt es zu jedem Gebiet sehr viele Möglichkeiten, die eintreten können.

Dann geht es reihum weiter und nacheinander werden also Abenteuer erlebt, Entscheidungen getroffen und Helden begraben ;-).

Und wie fühlt sich das an?

Ja, das kann man nicht mit einem Wort sagen … es hängt auch von der Gruppe ab und davon, wie sehr man sich auf UltraQuest einlässt. Es steht auch als Empfehlung in der Anleitung und ich würde das hier an dieser Stelle auch noch einmal betonen wollen: UltraQuest ist auch zu einem gewissen Teil das, was man selbst draus macht. Ich kann Wort für Wort die kurzen (mir fast einen Tick zu kurzen) Abschnitte aus dem Ereignisbuch vorlesen, auf die (Re-)Aktion meines Mitspielers warten, zu Ende lesen und – fertig. Ich kann den Text aber auch atmosphärisch so anpassen, dass mein Mitspieler bzw. dessen Gruppe direkt angesprochen wird. Ich kann ein paar lautmalerische Adjektive hinzufügen und mit einigen kleinen Details dafür sorgen, dass der schwarz-weiße Text aus dem Ereignisbuch ein buntes Abenteuer wird. Ja, sicherlich wird man auch immer wieder an Stellen kommen, an denen die Regeln irgendwie nicht so passen, wie man es erwarten würde – aber dafür gibt´s ja eigene Regeln, die man durchaus auch ins Spiel implementieren kann. Manchmal heißt die Regel auch einfach „Fantastischgesunder Menschenverstand“ und schon sind Probleme im Nu gelöst.

Fühlt es sich an wie ein Rollenspiel?
Jein.
Für mich ist Rollenspiel das Spiel mit der Rolle meines Charakters – das ist hier nicht der Fall. Trotzdem erlebe ich Abenteuer mit Helden, die ich erfunden habe und immer wieder komme ich an Punkte, an denen ich aktiv entscheiden muss, wie es in dieser Situation für meine Gruppe weitergeht.

Fühlt es sich an wie ein Brettspiel?
Jein.
Für ein Brettspiel ist es zu offen irgendwie … Und die Spielzeit – denn eine Partie kann auch mal so 20 Stunden dauern, die man glücklicherweise nicht am Stück spielen muss – ist auch eher ungewöhnlich. Außerdem steckt in UltraQuest nicht wirklich viel Taktik. Ich plane zwar, wo ich hingehe, aber was mir dort passiert, entscheiden die Würfel. Dann kann ich vielleicht wieder entscheiden, wenn mir dazu die Möglichkeit gegeben wird und ich hab die Möglichkeit, meine Gruppe taktisch in der Reihenfolge der Helden umzuordnen, um dem einen oder der anderen den Arsch zu retten.

Fühlt es sich an wie ein Abenteuerbuch?
Jein.
In einem Abenteuerbuch bin ich alleine, meistens unter einer dicken Decke auf der Couch liegend. Hier wetteifere ich mit meinen Freunden um Ruhm und Ehre! und versuche, nicht die Fehler zu machen, die sie machen. Außerdem sind die Abenteuerbücher, die ich gespielt habe, nicht so glückslastig, wie es UltraQuest ist. Vielmehr kann ich selbst entscheiden, wann ich wo abbiege und muss dann mit den Konsequenzen leben, die diese Entscheidung mit sich bringt.

Es fühlt sich also viel mehr an wie eine Mischung aus alledem.

Und das ist eigentlich etwas für (fast) jeden.
Extrovertierte Rollenspieler haben Spaß an UltraQuest, weil sie diesem Spiel durch Kleinigkeiten ihren eigenen Anstrich verpassen können. Raum für Insider ist hier in jedem Fall mehr als genug.
Menschen, die „Rollenspiel mal ausprobieren“ wollen, können mit UltraQuest die Nasenspitze mal reinhalten – jedoch bildet das Spiel meiner Meinung nach nicht das ab, was Rollenspiel für mich ganz persönlich ausmacht. Trotzdem ist es eben kein richtiges Brettspiel, sondern vereint Details aus beiden Welten, weswegen es grundsätzlich als Einstieg nicht verkehrt ist. Und wenn UltraQuest dem Newbie Spaß macht, kann man es wohl auch mal mit einem Einsteigerregelwerk versuchen.
Menschen, die Brettspiele lieben und Rollenspiel doof finden, werden sicherlich skeptisch an UltraQuest herangehen und ich denke vor allem hier kann nicht jeder überzeugt werden. Wenn man sich aber darauf einlässt und Spaß und Augenzwinkern an den Tisch einlässt, kann man hier der Brettspielfan sicherlich eine ungewöhnliche Erfahrung machen.

Und gibt´s auch was, was du nicht so magst?

Was ich nicht so super finde, sind einige Dinge des Spielmaterials. Die Box zum Beispiel ist mir zu labberig, das Material der Charakter- und Gruppenbögen finde ich persönlich unangenehm zu beschreiben – und da ich mir angewöhnt habe, mit wegradierbaren Tintenrollern zu schreiben, hab ich damit regelmäßig für Sauereien und fehlende Buchstaben gesorgt, weswegen ich bald wieder auf einen Bleistift umgeschwenkt bin. Auch hätte ich mir ein bisschen Farbe im Ereignisbuch gewünscht um die Fantasie des Vorlesenden anzukurbeln (das ist komplett schwarz weiß). Die große Karte ist super, weil man gut sehen kann, wo man gerade ist und wo man hin kann / will / sollte. Das Design an sich spricht mich persönlich leider gar nicht an. Es passt zu dem, was uns inhaltlich an einigen Stellen im Spiel erwartet: Fantasy mit einem Augenzwinkern. Ich würde das Spiel, wenn ich es im Laden aus dem Regal ziehe, wahrscheinlich nicht genauer anschauen …

Ein Dank geht an Markus Still, Erfinder und Autor von Ultimor und UltraQuest, und Inhaber von Flying Games, da er uns das Spiel für die Rezension zur Verfügung gestellt hat.

Kaddy würfelt Enten

„Ich möchte für UltraQuest keine Bewertung in Form einer Zahl angeben, weil ein direkter Vergleich mit anderen bei uns besprochenen Spielen irgendwie schwierig ist. Ich für meinen Teil habe Spaß an den Abenteuern in Ultimor und mag, dass ich alleine ein paar Minuten oder auch mit meinen Freunden viele, viele Stunden an diesem Spiel spielen und es wegpacken kann, wenn es genug ist. Ich würde es wohl am ehesten mit max. 3 Personen spielen, da dann die Downtime noch echt in Ordnung ist. (Ausnahmen bestätigen die Regel ;-)).
In meinem Kopf ist in Ultimor noch Platz für viel mehr Abenteuer und ich fühle mich durch einige der Begegnungen und Momente inspiriert. Ich denke, man muss einfach wissen, worauf man sich einlässt. Ein Rollenbrettspielabenteuerirgendwiesowasspielhybrid, dem man anmerkt, das er mit Herzblut erfunden und (weiter)entwickelt wurde.“