Gehüpfe auf dem Plättchenbrett
Auf der SPIEL’19 in Essen hat uns der gute Volker dieses Freistil-Schach gezeigt und ich war schon neugierig ob dessen, was da in der Schachtel an Spielspaß steckt. Das ist ja cool! Ein Schach, bei dem man mit jeder Positionsänderung auch die Bewegungsmöglichkeiten verändert? Wie genial klingt das denn? Werde ich Schach womöglich doch noch mögen?
Chamäleon, 1990: „Das Spiel hat ein Brett aus einem Raster von 4 Farben, große Holzkacheln in diesen Farben, einen Satz Aufkleber, die jeweils in 4 Abschnitte unterteilt sind, um sie auf die Fliesen zu kleben, die 3 Käfer und ein Chamäleon auf farbigem Hintergrund.(…) Das Spiel ist im Wesentlichen ein Schachspiel für vier Spieler. Die Steine wechseln ihre „Rollen“ je nach Farbe des Feldes, auf dem sie sich befinden. (…)“ (c) BGG
Katarenga, 2017: „In Katarenga gilt es, mit zwei eigenen Figuren hinter die gegnerische Grundlinie zu gelangen. Das klingt einfach! Doch der Gegner ist flexibel und gefährlich. Die Eigenschaften der Spielfiguren ändern sich von einem Zug zum nächsten. Nur
wer die Vorteile der vier Bereiche der eigenen Armee erkennt, die unterschiedlichen Stärken geschickt einsetzt und vorausschauend plant, der kann durch taktisches Spiel den Gegner überlisten und so das Spiel gewinnen.“ (c) Hutter Trade
„“Freistil-Schach“ – Anders, Einzigartig, Innovativ!“ (c) Rückseite der Freistil-Schach-Schachtel
Mh. Wohl doch nicht so neu. Aber naja … Ich hab es eben jetzt gesehen und ich wollte mehr darüber erfahren. Und ihr, wie ich euch kenne, sicher auch. Ich würde mich auf jeden Fall für Meinungen interessieren, falls ihr mehrere Spiele „dieser Art“ gespielt habt. Welches von ihnen hat euch am besten gefallen? Was seht ihr als Vor- und Nachteile?
Vergleiche ziehen kann ich leider nicht, aber ich kann euch von meinen Spielerfahrungen berichten. Immerhin etwas. 😉
Wat is Freistil-Schach?
Eigentlich ist es wie ein normales Schach, jedoch ist es auch anders. Zuerst einmal gibt es das Spielfeld, auf dem jeder auf seiner Hälfte die unterschiedlichen „Rollenplättchen“ verteilen darf. Da gibt es Symbole, die für einen Springer stehen, für einen Turm oder zum Beispiel einen Läufer. Jeder hat einen König und 15 Bauern, die die Rollen wechseln, wenn sie sich bewegen. Denn je nachdem, welches Symbol auf dem Feld abgebildet ist, von dem sie starten, haben sie andere Bewegungsmöglichkeiten. Und die Startaufstellung dafür legt jeder vor Beginn des Spiels fest. Die Symbole sind alle selbsterklärend, auch, wenn man das erstmal sehen muss. 😉 Das ist nämlich keine Kunst, sondern die Punkte geben an, wohin man sich bewegen darf. Dann gibt es aber auch noch 2 besondere Bewegungen, die es im Schach nicht gibt: Eines erlaubt es mir, mein Startfeld (nämlich das Tauschplättchen) gegen ein benachbartes Plättchen zu tauschen, das dann meine Bewegung vorgibt. Damit nehme ich meinem Mitspieler also jegliche Chance, herauszufinden, was ich als nächstes tun werde. 😉 Und dann gibt´s noch das Teleport-Plättchen: Ich darf die Figur vom Teleportfeld auf ein beliebiges Feld auf dem Spielplan bewegen, dass ebenfalls neben irgendeinem Teleportfeld liegt.
Überraschungen sind also sicher!
Ja, das sind sie. Und genau das ist auch mein Problem beim Freistil-Schach. Ich finde Schach schon eher langweilig und hatte gehofft, dass Freistil-Schach mir endlich die Welt der themenlosen Taktikspiele eröffnen würde. Aber: Nein, das war nicht der Fall. Mir hat es besser gefallen, als eine Partie Schach, weil es doch zwischendurch ordentlich abgeht in den Grauen Zellen (wenn ich jetzt das mache und dahin gehe, dann könnte ich im nächsten Zug dahin gehen, aber dann könnte mein Mitspieler das machen und dann …). Aber trotzdem spielt bei mir halt auch das Auge mit. Und ich mag Geschichten und Emotionen. Und viel mehr als Verzweilfung und hin und wieder ein Erfolgserlebnis, wenn ich mal wen geschmissen habe, hab ich nicht gefühlt. Ich glaube, ich KANN gar nicht so weit denken, wie ich müsste. Das kann zu berühmt-berüchtigten Kaddykaze-Züge führen, in denen ich einfach irgendwas tue, weil ich irgendwie meinen Arsch retten möchte. Die kommen immer s u p e r an und machen mir auf jeden Fall großen Spaß. Hin und wieder gewinne ich dadurch auch Spiele, bei denen ich eigentlich keine Chance hätte …. Wie auch immer: Wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich eher zu Freistil- als zu normalem Schach greifen … aber …
Ich hab die Optik
Was ich allerdings auch finde: Das Spiel ist hässlich und sieht nach 80er- Jahre Retro-Bah aus. Das hätte man auch schicker lösen können. Alleine 2 andere Farben zu wählen hätte wahrscheinlich schon Wunder gewirkt! Das hier sieht aus wie Retro-Tapete. Mag ich nicht so. Die Schachtel alleine hätte mich niemals so angelacht, dass ich dieses Spiel ausprobiert hätte. Und der Slogan? „Hier sind die Bauern am Zug!„. Ich sach nur: Guckste hier. Da nämlich auch.
Auf der Rückseite der Schachtel wäre übrigens noch genug Platz gewesen, dass die Buchstaben nicht hätten ineinander ragen müssen.
Die Plastik-Figuren kann man toll stapeln, was zwar völlig irrelevant für´s Spiel ist, aber mir gefällt. Die erfüllen ihren Zweck – denn sie müssen ja so designed sein, dass man das Symbol auf dem Feld darunter sehen kann – aber hochwertig würde ich sie nicht unbedingt nennen. Was ich cool finde, ist das Aufbauen seiner eigenen Spielfeldhälfte. Allerdings bringt einem das auch nur bedingt viel, wenn man keine Ahnung hat, was man tut. Bei mir brauchte das schon einige Partien, bis ich eine Idee hatte, welche Kombinationen Sinn ergeben. Und so konnte ich mir natürlich auch den einen oder anderen Startvorteil erschaffen.
… naja, dann ist da ja auch noch der Störenfried aka Mitspieler, der jeden noch so gut geplanten Zug versauen kann.
Ich habe auch unterschiedliche Menschen ans Brett gesetzt und zugeschaut, um ihre Meinung darüber zu erfahren. Ein begeisterter und guter Schachspieler gab als Feedback, dass es für ihn nicht so geil war, weil es keine langfristige Planungsmöglichkeiten gibt, weil sich nicht nur die Aktionsmöglichkeiten der Figuren, sondern sogar das Feld selbst auch verändern können. Für richtige Schachspieler ist das dann wohl eher unattraktiv … Das Verdrehte wiederum trifft bei anderen dann auf Gefallen. Denn gerade dieser Twist, den das Spiel macht, hat bei ihnen immer wieder für besondere Aha-Momente gesorgt. Das wäre tatsächlich auch das, was ich an diesem Spiel gut fand – dass hier definitiv keine Partie ist, wie die letzte. Ja, jetzt schreit wahrscheinlich der Schachclub da draußen, weil es im Schach sicher auch so sein mag. Kann sein, aber bei Freistil-Schach kann ich selbst über mein Schicksal bestimmen.