Herr der Ringe – Reise durch Mittelerde

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Das Weib der Ringe

Naja, ich hab nur einen. Aber ich hab hier neben mir Reise nach Mittelerde liegen, die fette Spielschachtel, in der wir in die Geschichte von Der Herr der Ringe eintauchen. Ob dem wirklich so ist? Naja, dazu will ich heute meine Gedanken teilen.

Zuerst einmal geht ein riesiges Dankeschön an Asmodee raus, die uns Reise nach Mittelerde als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.

Dann wollen wir mal.

Ich vermute, dass „Der Herr der Ringe“ euch allen ein Begriff ist – oder? Falls nicht, schaut euch das hier am besten mal kurz an. 😉 Das ist das Setting, das uns diese ziemlich große, über 2 kg schwere Schachtel verspricht. Fantasy Flight Games nimmt uns mit nach Mittelerde und stellt uns vor eine ziemlich große, nicht ganz so einfache kooperative Kampagne. Wir spielen aneinandergereihte Abenteuer durch, die im Endeffekt die große Kampagne ergeben. Jeder von uns schlüpft in eine der 6 möglichen Figuren, bekommt eine bestimmte Rolle und ein Kartendeck, das das Können und die Ausrüstung desjenigen darstellt.

Ich werde hier davon absehen, besonders detailliert die Regeln wiederzugeben. Die könnt ihr euch hier anschauen. Da findet ihr sowohl die Regel als auch das Referenzhandbuch, das quasi ein Lexikon über die wichtigsten Begriffe im Spiel ist.

Ich möchte euch einen Einblick geben, wie das Spiel funktioniert, aber vor allem will ich darauf eingehen, wie ich mich in Mittelerde gefühlt habe.

Ablauf

Um das Spiel zu spielen, ist es zwingend notwendig, eine App zu nutzen, die nicht nur die Geschichte erzählt, sondern auch den Spielaufbau erklärt, Ereignisse ins Spiel wirft und die Bedrohung „koordiniert“.

Stellt euch das ganze so vor: Ihr wacht plötzlich mit spitzen Ohren und einem großen Bogen mitten in einem Wald auf. Ihr könnt nur bis zur nächsten Plättchengrenze gucken – von daher erfahrt ihr erst, was sich in der Umgebung befindet, wenn ihr dorthin geht. Dann erkundet ihr den Ort. Ihr könnt manch auffälligen Orte sehen, die ihr aber durchsuchen müsstest um zu erfahren, was sich darunter befindet. Allerdings kommen da auch Wesen, die euch nicht gern haben – nur Orks und Bilwisse und so – die ihr verhauen solltet, weil sie sonst euch verhauen. Die sind hinzukommend nicht nur grob und brutal, sondern auch anhänglich und rennen euch hinterher, um euch zu verkloppen. Dann seid ihr natürlich nicht einfach so dahin geschickt worden, nein, ihr habt natürlich auch noch eine Aufgabe, die ihr erfüllen sollt – das ist dann quasi wie eine Eingebung (das macht dann auch die App für euch).

Jeder von euch hat eigene Fähigkeiten, hat spezielle Dinge, die er gut kann und manche kann einer eben auch weniger gut. Das Kartendeck, das vor euch liegt, ersetzt die Würfel, die man normalerweise aus so einem Spiel kennt: Wenn ihr Proben erfüllen müsst, wird nicht gewürfelt, um zu überprüfen, ob ihr eine Probe bestanden habt. Ihr zieht stattdessen eine bestimmte Anzahl an Karten und hofft auf Treffersymbole auf den Karten. Falls die nicht kommen, habt ihr in manchen Fällen noch die Möglichkeit, Inspiration, die ihr gesammelt habt, abzugeben, um das Probenergebnis nochmal ins Gute zu wenden.

Klingt einfach?!

Naja, klingt ein bisschen nach Pen & Paper Rollenspiel. Ist es aber nur bedingt. Denn ihr habt nicht die freie Wahl darüber, was ihr machen könnt. Jeder von euch hat nur 2 Aktionen in seinem Zug: Reisen (2 Felder weit laufen), Interagieren (mit einem Marker, der auf dem Feld liegt) oder angreifen (also Gegner verhauen). Wenn einer die verbraucht hat, ist der nächste dran. Wenn alle dran waren, sind die Gegner dran.

Wenn man verhauen wird und die Schläge nicht abwehren kann, erhält man Schäden und Furcht. Das sind Karten, die einen einschränken können. Vor allem aber sorgen sie ab einer gewissen Menge dafür, dass man zu sterben droht. Dann darf man „Das letzte Aufbäumen“ machen (dömdömdöm). Das ist quasi eine Probe, ob man es nochmal zurück ins Leben schafft. Wenn ja: Gut so – aber Achtung, das geht nicht unendlich oft so. Falls nicht, scheidet man aus dem Spiel aus und die anderen gehen ohne ihn weiter.

Selbst, wenn man ein Abenteuer nicht besteht, weil alle Helden gestorben sind oder weil die Aufgabe einfach nicht erfüllt wurde, geht´s in der Kampagne weiter.

Im Laufe des Spiels kann man Gegenstände sammeln, sowie auch Erfahrungspunkte und Wissen, die man dann in neue Karten und somit Fähigkeiten tauschen kann. Dadurch wird man stärker. Aber das daaaaaaaaaaaaaaauert teilweise schon recht lang. Je mehr Zeit wir dafür aufwenden, alle möglichen Ecken zu durchsuchen, desto gefährlicher wird es für uns, aber nur dadurch kommen wir an mehr Wissen und Erfahrungspunkte und können stärker werden. Willkommen im Tolkienschen Teufelskreis.

So viel zum Spielablauf.

Es gibt 2 verschiedene Grundarten von Spielfeld: Die Schlachtpläne oder die verwinkelten Spielplanplättchen. Von Abenteuer zu Abenteuer wird (peu à peu) ein neuer Spielplan aufgebaut und da werden die unterschiedlichen Platten benutzt. Das Design mag ich – aber wirklich Mittelerde ist das nicht – das ist einfach Fantasy. Steinmauern, Ruinen, Dörfer, Flüsse, Bäume, Höhlen, Wege, Zäune … das könnte auch Gelände von The Witcher sein, durch das ich mit meinem Pony reite. Auch die Geschichte scheint mir zu sehr großen Teilen eher eine Standard-Fantasy-Geschichte zu sein als ein Abenteuer in Mittelerde. Aber gut. Mittelerde ist auch Fantasy. Von daher gefällt mir das auch – ich liebe ja Fantasy. Aber trotzdem: Herr der Ringe Gefühle kamen bei mir nur bedingt auf.

Die Abenteuer sind immer recht spannend – dazu trägt wahrscheinlich auch das schrittweise erkunden der Umgebung bei. Ich weiß nicht, was ein paar Meter vor mir lauert – ich muss halt hingehen, um das zu erfahren. Und ich habe weder unendlich viel Zeit, noch unendlich viel Möglichkeiten, um mir alles anzuschauen. Ich muss also – gemeinsam mit meinem Team – gut überlegen, was ansteht. Und wir müssen das gut planen! Sonst kann es schnell mal sein, dass einer auf die Fresse kriegt und nach der 2. Runde direkt Das letzte Aufbäumen ausprobieren darf … Das ist echt frustrierend und in so eine ähnliche Situation wird man immer wieder kommen … Auf der Reise durch Mittelerde kriegt man regelmäßig den Hintern versohlt – und das ist auch etwas, das ich nicht so toll finde. Das Frustrationslevel ist irgendwie dauerhaft ziemlich hoch. Und die Lust, Hausregeln einzuführen, wächst von Runde zu Runde. Es reicht hier nicht, dass wir uns eh nicht um alles kümmern können – nein, wir sind gerade zu Anfang noch ziemliche Waschlappen, die sich nur bedingt zu verteidigen wissen.

(Kurze Anmerkung: Vielleicht haben andere Besitzer dieses Spiel andere Erfahrungen gemacht – aber das war unsere Erfahrung mit dem Spiel. Vielleicht sind wir Losernoobs …)

Bis man so viel Wissen und Erfahrungspunkte gesammelt hat, um sich hochzuleveln, hat man schon blaue Flecke über und über.

Trotz dieser Dinge macht Reise nach Mittelerde neugierig auf das, was als nächstes ansteht. Trotz der Frustration hat man Bock, weiterzuspielen und hängt „nur noch ein Kapitel“ dran.

Fantasy Flight Games hat´s drauf

(c) asmodee.de

(c) asmodee.de

Ich habe auch Villen des Wahnsinns in meiner Sammlung. Das ist quasi ähnlich wie Reise nach Mittelerde nur in der Welt von H.P. Lovecraft. Auch mit App, mit einem ähnlichen Spielablauf, aber mit Würfeln. Bei Villen des Wahnsinns spielt man einzelne Abenteuer, die nicht miteinander zusammenhängen. Ich kann mich also mit meinen Freunden hinsetzen und irgendein Kapitel spielen. Das sieht bei Mittelerde anders aus: Wenn ich die Kampagne beginnen, dann muss ich sie bis zum Ende in der Konstellation durchspielen. Wir haben die Kampagne zum Beispiel auch ein zweites Mal begonnen, weil wir merkten, dass die Charaktere in der Konstellation, wie wir sie hatten, total ungünstig war. Villen des Wahnsinns ist für mich flexibler einsetzbar.

Wenn ich die Wahl zwischen Herr der Ringe und Cthulhu hätte, würde ich mich vermutlich für Cthulhu entscheiden. Das ist natürlich auch den Themen geschuldet. Ich mag sowohl die Lovecraftsche Welt, als auch Mittelerde.

Wenn ihr Fantasy mögt und eine feste Spielgruppe habt, mit der ihr euch regelmäßig trefft, um kooperative Spiele zu spielen, dann ist Reise durch Mittelerde ganz sicher was für euch! Ich muss gerade an einen Freund von mir denken (nä, Marcus?!), der einfach immer ganz schlecht in Würfelspielen ist. Es ist eine pure Freude, selbige gegen ihn zu spielen. Für Menschen wie ihn ist Reise durch Mittelerde auf jeden Fall auch mal eine schöne Alternative, in der Glück trotzdem eine Rolle spielt.

Lecker

  • Das mit den Karten ist eine gelungene Variante zu Würfeln
  • Es ist super, dass die Kampagne auch weitergeht, wenn man mal verkackt.
  • Die App sieht super aus und bringt Hintergrundmusik mit!
  • Man kann immerhin die Rollen der Helden von Abenteuer zu Abenteuer ändern.

Pfui

  • Teilweise ist es sehr frustrierend - das letzte Aufbäumen nach der 2 Runde kann durchaus schonmal vorkommen, wenn man Pech hat
  • Das Herr der Ringe-Thema ist bis auf einige Details eher ein "normales" Fantasy-Setting.
  • Wenn man die Kampagne in einer bestimmten Konstellation angefangen hat, muss man sie auch so zu Ende bringen. Man kann weder die Charaktere, noch die Spieleranzahl ändern.
  • Im Duell Lovecraft - Tolkien gewinnt H.P.!

Fazit

Kaddy kämmt sich die Füße

  "Alles in allem ist die Reise durch Mittelalter ein echt guter Begleiter für den Spieletisch. Nicht missverstehen - trotz der Kritikpunkte, die ich hier äußere, macht mir Reise durch Mittelerde Spaß. Nur eben manchmal mit Einschränkungen. Trotz dieser Einschränkungen schafft das Spiel es trotzdem, dass ihr heiß auf den nächsten Teil der Geschichte bin. Das Spiel ist an sich nicht mega komplex, jedoch kotzt man doch schon öfter mal ab, weil die Karten nicht das tun, was sie sollen und man schneller das letzte Aufbäumen vor der Nase hat, als einem lieb ist. Und das ist das, was es dann schwierig macht. Die App nimmt einen sehr gut an die Hand, lässt aber auch Möglichkeiten zur Fudelei. Man muss also diszipliniert sein! Das Thema allerdings finde ich recht austauschbar. Will heißen: Die Namen und das eine oder andere Detail sind natürlich Herr der Ringe pur - jedoch könnte man das auch einfach als "normales" High Fantasy Setting wahrnehmen, wenn man Legolas und co ausblendet. Wenn ich jedoch die Wahl zwischen Villen des Wahnsinns oder Reise durch Mittelerde hätte, dann würde ich mich eher Herrn Lovecraft widmen. "
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