Massive Darkness

Brettspiele Frittenrezensionen
7

Superfritte

Im Dunkeln ist gut munkeln

Zieht eure Schwerter, bereitet eure Zauber vor und tretet das Erbe der Lichtbringer an! Stellt euch … Massive Darkness!“ Genau, Massive Darkness, ein Dungeon Crawler aus dem Jahre 2017. Schon etwas älter, na ja, „älter“, aber kein Spiel, was in gewisser weise sein Alter erlangt hat, denn Massive Darkness von Raphaël Guiton, Jean-Baptiste Lullien, Nicolas Raoult ist ein wirklich klasse Spiel und hat mein Dungeon Crawler Herz erobert. Folgt mir heute in Licht und Schatten, denn Massive Darkness von Cool Mini Or Not (Asmodee) liegt heute im Frittenscheinwerferlicht.

Da ist doch was im Dunkeln

Wer sich Massive Darkness zulegen sollte, sollte folgendes einplanen: Ihr braucht Platz im Regal, denn die Schachtel ist nicht nur links und rechts fett, sondern auch sehr hoch. Mittlerweile sind Crawlerspiele und manch andere Spiele üppig im Kartonformat. Da fängt ein Kallax schon gut an zu schnaufen. Aber, wenn man mal sieht, welch große Kisten zum Beispiel Ravensburger immer noch auf den Markt schickt, der*die weiß, dass für diese Art Lagerung ein Extraplatz geschaffen werden muss. Massive Darkness passt auf jeden Fall in ein Kallax-Fach, aber all zu viele Spiele könnt ihr nicht draufstellen.

Weiter solltet ihr einplanen, dass ihr mit Massive Darkness schon mal 10 Szenarien bekommt, was mindestens für 20-40 Stunden Spielfreude sorgt. Vorausgesetzt, man fetzt sich so durch die dunklen Kellergewölbe, und zwiebelt allen Monstern die Schlüpfergummi in 1000 Teile.

Letztlich können Fans auch gut und gerne so manchen Euro in eine Erweiterung stecken, denn Massive Darkness ist noch lange nicht zu Ende, denn so einige Helden und Gegenerboxen befinden sich in den Regalen und können aus dem Spiel mehr mehr mehr machen. Hier aber schon mal vorneweg: Die Erweiterung könnt ihr nicht in die Grundbox mit reinquetschen, denn das Grundspiel von Massive Darkness ist bis zum Anschlag proppevoll.

Soviel schon mal vorneweg. Aber seid beruhig, so richtig „notwendig“ sind die Erweiterungen nicht, denn mit dem Grundspiel hat man schon mal eine Menge Spiel und kann Abend für Abend gemeinsam schnätzeln. Für Fans, Sammler*innen und Komplettisisten können die Erweiterungen aber ein gefundenes Fressen sein.

Aber, was ist denn Massive Darkness überhaupt, und um was geht es denn? Nun, schauen wir mal genauer ins Licht.

Die Geschichte

Vor drei Generationen konnten glorreiche Helden, Lichtbringer genannt, die Finsternis und ihre Armeen zurücktreiben. Die Finsternis ist der Wille des Bösen und sie sinnt seit vielen Jahren mit ihren Schergen auf Rache. Nun ist die Zeit gekommen! Unsere Feinde aus alter Zeit rüsten sich zum Kampf. Sie haben die Artefakte der Lichtbringer gestohlen und verstecken sich in Höhlen und verlassenen Katakomben, wo sie Bündnisse mit schrecklichen Kreaturen aus der Tiefe schmieden. Das Ende der Zivilisation steht bevor, wenn sich ihnen nicht eine neue Generation von Helden entgegenstellt.“ Und jetzt ratet mal was? Genau, diese Held*innen sind wir. Bäm! Hättest Du nicht mit gerechnet, gell?

Im kooperativen Dungeon Crawler Massive Darkness schlüpfen bis zu 6 Spielende in die Held*innenroben und ziehen Schwert, Axt und Zauberstöckchen, um in den Tiefen des Dunklen so manch Rübe abzuhacken.

Das Tolle, wir brauchen keinen Overloard, der mit dem Spiel gegen die anderen spielt, denn das Böse, der Feind, das Schlechte wird vom Spiel selber gesteuert. Und das alles analog. Eine App oder dergleichen brauchen wir nicht, denn Karten sorgen für Unheil, und die bis zu 75 Miniaturen wimmeln auch sehr gerne auf dem Spielbrett rum.

Das Besondere an Massive Darkness steckt schon im Titel des Spiels, denn eigentlich ist MD von außen gesehen ein herkömmlicher Dungeon Crawler, der es gut und gerne mit Zombicide, Lobotomy und dergleichen aufnehmen kann. Und dennoch, wie bei den anderen Crawlern auch, ist was Besonderes zu finden. Das Besondere an diesem Spiel ist die Dunkelheit, denn tatsächlich haben die Kreaturen der Untiefe die Dunkelheit für sich nicht nur entdeckt, sondern auch unsere Held*innen. Wir sind Lichtbringer und können sowohl das Helle, als auch das Dunkle für unsere Vorteile nutzen. Im Gegensatz zu so vielen anderen Crawlern ist es bei MD wichtig und strategisch zu planen, wo man steht: Im Licht oder im Schatten. Die Dunkelheit ist ein sehr starker Verbündeter im Spiel, denn unsere Fähigkeiten entfachen in der Dunkelheit eine wahrlich massive Stärke.

Die Idee Fähigkeiten und Kampfesstärke von der Örtlichkeit abhängig zu machen, finde ich besonders am Spiel und berührt mich sehr. Eine tolle Idee. Allein dafür lohnt es sich schon mindestens eine Partie zu spielen.

Aber nicht nur das macht Massive Darkness besonders. Sieht man einmal von einem 56 seitigen Regelbuch ab, ist das Spiel wirklich leicht und gut verständlich. Die Regeln sind voller Beispiele und geben auf alle Fragen Antwort. Über die Index-Suche kommt man auch schnell dahin, wo man was wiederfindet, und die Spielübersicht auf der letzten Seite vergegenwärtigt noch einmal einen kompletten Spielzug.

Aber nicht nur die Spielbarkeit und der Zugang zum Spiel machen mir Freude, es ist das Komplettpaket von MD. Das Spiel, wie sollte es fast schon auch anderes sein bei Cool Mini Or Not, weist ein echt tolles und wunderbares Spielmaterial auf, dass es eine Freude ist, damit zu spielen. Allem voran sind die Miniaturen genannt. Wow. Echt wow. Nicht nur fein modelliert und gegossen, sondern auch individuell, wahrlich schrecklich und von den Größen sehr unterschiedlich. Wenn so ein kleiner Siegfried vor dem Höhlentroll oder der Spinne steht – massiv.

Anfangs hatte ich noch Probleme die vielseitigen Figuren auseinander zu halten, mittlerweile geht das aber sehr gut, und der Griff zu den passenden Figuren flutscht.

Neben den Figuren sind auch die Karten echt schön gestaltet. Anfangs habe ich mich geärgert, dass wieder nur kleine Karten im Spiel beiliegen – ich bin ein Fan von großen, festen Karten, aber es ist sinnvoll, dass die Karten kleiner gehalten sind, denn die Plastik-Heldentableaus sind exakt für die Größe gestaltet und passen da sehr gut rein. Ein Verrutschen oder Chaos gibt es in der eigenen Auslage nicht. In MD hat man das Gefühl gesittet und aufgeräumt an die Schlachterei zu gehen. Gefällt mir.

Ansonsten ist im Spiel gar nicht viel mehr vertreten. Token, Marker und Würfel runden das Spiel ab. Ach ja, und die 9 doppelseitigen Kartenteile, die den Dungeon abbilden. Reicht aber auch, denn mit diesem Spielmaterial kann man enorm abwechslungsreich seine Spiele und die Questen angehen.

Nach 10 Runden und Stunden über Stunden

Bei dem Verfassen dieser Rezension möchte ich ganz herzlich meinem Mitspielerfreund Mik danken, der ein wahrer Massive Darkness Fan ist und mir geholfen hat einen Rundumblick für das Spiel zu bekommen. Er hat nämlich in großer Runde Tag für Tag, Abend für Abend und auch Nacht für Nacht am Spieletisch gesessen und Stunde über Stunde Massive Darkness gezockt und auch alle 10 Quests durchgespielt. Mit ihm habe ich mich ausgetauscht und konnte schon so manches erfahren, was in späteren Szenarien noch alles lauert, denn ich muss noch ein paar Ründchen spielen, um die Tiefe der Dunkelheit zu ergründen. Nicht mehr viele, aber die letzten Quests fehlen mir noch.

Darum haben wir hier ein paar Pros und Contras aufgelistet, die wir gerne in dieser Rezension teilen wollen.

Massive Plus

Das tolle an MD ist, dass es echt Spaß macht in diesem kooperativen Dungeon Crawler bis zu 6 Menschen an einem Tisch zu haben, die alle zusammen spielen. Kein Overloard, keine Feindesaugenbrauen am selben Tisch – alle spielen zusammen.

Massive Darkness hat zudem ein gutes Klassensystem, bestehend aus Tank, Heiler, Fernkämpfer und Nahkämpfer. In den Runden kamen, begleitet mit etwas Hintergrundmusik, soetwas wie Rollenspielfeeling auf. Wenn man sich auch noch etwas drauf einlässt und stolz verkündet, was man in der Dunkelheit so findet, kommt wahrlich Stimmung am Tisch auf. Hat uns sehr gut gefallen.

Die Schwierigkeit im Spiel ist sehr stimmig – nicht zu einfach, nicht zu schwer. Jedoch merkt man auch, dass von Szenario zu Szenario es immer schwieriger und herausfordernder wird. Wenn man seinen Helden nach und nach entwickelt, braucht man auch die Stärke und Fähigkeiten, um dem Ansturm der Gegner gerecht zu werden.

Ein weiteres Plus sind die hochwertigen Figuren für Monster und der eigenen Charaktere. Das Material ist wirklich toll und Menschen, die Miniaturen bemalen wollen, können sich hier echt ausleben.

Auch die Spielfelder haben einen guten “Look” und gefallen. Besonders schön ist es so viele kleine Details zu erkennen. Da gibt es manch andere Dungeon Crawler, die etwas schlichter die Bodenbretter gestalten. Auch diese Bretter haben eine echt gute Qualität und liegen wunderbar auf dem Tisch.

Ganz vorne am Plus steht selbstverständlich die Schattenmodus-Mechanik. Hier ist der Titel des Spiels wunderbar im Spielgeschehen integriert. Es ist taktisch wichtig zu planen, wo man steht, wo die Dunkelheit und das Helle ist, welche Waffe wie genutzt wird, etc. Schatten/Licht sind ein sehr guter Einfall und machen das Spiel besonders.

Jedes einzelne Szenario gefällt mir recht gut. Ich mag die tolle Story und die Backgroundinfos in den Spielregeln zu jedem Szenario. Das hebt die Stimmung und macht etwas mehr Spielerleben. Und die Quests sind abwechslungsreich: In dem einen müssen wir eine Kreatur aufhalten, dann müssen wir fliehen und quasi auf „Zeit“ den Dungeon verlassen, dann müssen wir Reliquien sammeln und so weiter. Schöne unterschiedliche Herausforderungen. Hat mir sehr gut gefallen.

Davon abgeleitet, verbunden mit dem eigenen Gestalten und Hinzutun an Hintergrundmusik und dem Rollenspielflair, hatten wir echt epische Spieleabende gehabt, die was Besonderes aus unseren Spieletreffen gemacht haben. Wir haben das Spiel nicht einfach runtergespielt, sondern erleben können, dass auch die Dauer, das immer schwerer werden, das langsame vorankommen, planen, etc. den Spieleabend echt episch gemacht haben. Das hat uns gefallen, dass Massive Darkness uns in seinen Hell/Dunkel-Bann mitnehmen konnte. Auch der Zufall spielte hier uns in die Karten: Was wird gewürfelt? Welches Ereignis tritt auf? Etc.

Letztlich noch etwas abschließendes zu den Regeln: Einzelne Worte (wie Fähigkeiten von Charakteren) werden in den Spielregeln am Ende gut erklärt, falls man sie mal vergessen hat. Auch wenn das Regelwerk n dickes Ding ist, man kann sehr schnell damit arbeiten und nachlesen.

Contra Darkness

Aber es gibt auch ein paar Punkte, die man kritisieren und anmerken kann, die etwas Schatten auf das Spiel werfen. Auch wenn das Spiel quasi solitär spielbar ist, so hatten wir die Erfahrung  gemacht, dass das Spiel und das Erleben schwieriger mit nur wenigen Spielern sich spielt. Man sollte mindestens versuchen von jeder Klasse einen Charakter dabei zu haben (Tank, Nahkämpfer und Fernkämpfer, vielleicht noch einen Heiler). Eine beste Partie hatten wir, wenn mindestens 3/4 Spielende am Tisch sind, oder zumindest diese vier Heldenarten dabei waren. Klar kann eine Person auch 2 Charaktere übernehmen, aber tatsächlich hatten wir in einer größeren Menschen-Spielenden-Runde den meisten Spaß gehabt. Darum würde ich Massive Darkness eher für ne Gruppe empfehlen.

Auf den ersten Blick wirken die Spielregeln “erschlagend”, jedoch sind das meiste nur die einzelnen Szenarien oder Begriffserklärungen. Sollte man sich mit Regellesen auskennen, erlangt man schnell Zugang. Menschen, die eher spielunerfahren sind, stehen bei der Seitenanzahl echt vor einer Herausforderung. Darum empfiehlt es sich, dass ein erfahrener Spieler die Rolle des Regelerklärenden sich annimmt und auch gerne diese immer für Fragen griffparat bei sich hat.

Leider steht dem strategischen Planen über Ort und Platzierung, wie auch wer welche Waffe besser trägt ein sehr glückslastiger Würfelmechanismus dagegen. Wenn man das Pech gepachtet hat, und man würfelt immer nur leere Seiten, dann ist das echt frustrierend. Es gibt leider nur so manch Spezialfähigkeit, um aus einem schlechten Würfelwurf mal einen guten Würfelwurf zu macht; oder manch Ausrüstung verleiht einem einen guten Treffer oder Widerstandswert. Teilweise hatten wir die Erfahrung gemacht, dass der Heldenwurf immer totaler Murcks war, und für das Böse immer was richtig Geiles gewürfelt wurde (Schilder zum Beispiel). Menno. Diese Glückskomponente hat an so manchen Abendenden etwas den Spiellauf getrübt. Also, für alle „wir wollen kein Glück im Dungeon Crawler“ – für euch ist Massive Darkness dann wohl nichts. Dazu kommt auch noch, dass Karten gezogen werden, und man nie genau weiß, was passieren wird: Welche Ereignisse werden geschehen, welche Schätze werden wir finden, welche Wachen warten auf uns. Auch hier ist der Glücksfaktor hoch und ungewiss.

Weiter sind die Farben für die Verteidigungswürfel sehr schwer zu erkennen, auch ohne Farbschwäche. Wir hatten unseren Spaß, dass bei jedem Würfelwurf genau geschaut wurde, was gewürfelt wurde. Das hätte man etwas galanter gestalten können. Blau und grün sind sehr schwer auf den Karten zu erkennen.

Auch etwas müßig ist die Wegsortierung der Figuren in die Plastikblister. Teilweise muss man hier und da etwas fummeln, um den richtigen Ork, den richtigen Zwerg oder den richtigen Goblin wieder zurück zu packen. Es gibt aber ein paar Tricks: Markiert die Unterseite der Figur mit einer Farbe, und packt die selbe Farbe in die Plastikschale – so geht das Zurückräumen wesentlich schneller.

Die letzten beiden Anmerkung bei den Contras sind noch die Klassenbögen und die Vielzahl der Figuren auf dem Spielbrett. Erst einmal die Klassenbögen:

Die gefallen uns leider wirklich nicht so sehr. Viel zu groß und zu bunt und zu unaufgeräumt – hier hätte man grafisch echt einiges raushauen können, denn mit einem Bleistift sollte man hier nicht hantieren. Für die wenigen Kreuze und Striche, die man hier macht, sind die Dinger echt zu klobig. Aber das ist Motzen auf hohem Niveau.

Dann noch die Anzahl an Figuren auf dem Spielbrett: In manch Partien in einer 6er-Runde wimmelte es auf dem Spielbrett, so dass wir die Helden und Feinde gar nicht alle unterbringen konnten. Die Spielbretter sind wirklich groß und geben gut Platz für viele Figuren. Aber in manch Situationen hatten wir einen dermaßen Wust auf dem Spielfeld, dass wir unsere Helden einfach nur noch draufgelegt haben. Ein riesiger Schweinehaufen an Figuren tummelten sich auf einem Feld. Das sorgte in manch Partien für etwas Unordentlichkeit. Ist jetzt nicht so schlimm, weil es echt nach Gemetzel aussah, aber dennoch war das etwas zu voll und unordentlich. In großen Spielrunden kann das schon mal hier und da passieren.

Fazit

Bei den ganzen Pros und Contras kann ich nur sagen: Ich finde Massive Darkness wunderbar und spiele es ausgesprochen gerne. Wer keine Lust mehr hat in Zombicide mit Lautstärke die Riesenmassen an Zombies auf sich aufmerksam zu machen, und viel lieber hinab in die dunklen Gemäuer verlassener Kellergewölbe, Höhlen und Untiefen zu gehen, um dort mit Axt und Schwert alles niederzumetzeln, dem sei Massive Darkness sehr ans Herz gelegt. Ein wunderbar leicht zu spielendes, gutaussehendes und atmosphärisches Spiel, was bei uns für lange lange lange Stunden der Unterhaltung gesorgt hat. Ich bin begeistert.

Lecker

  • Sehr coole Ausstattung
  • Die Schatten- / Dunkelheitmechanik finde ich super.
  • Leicht zu verstehen.
  • Viel kooperatives Spiel und viele Entscheidungen abverlangen.

Pfui

  • Die Würfel sind manchmal so ungnädig.
  • Das Wegräumen ist müßig.
  • Kleine und zu große Gruppe sind eher so la la.

Fazit

Funfairist brüllt aus der Dunkelheit

Ich vergebe eine klare Superfritte. Ein tolles Spiel, erstklassige Ausstattung, tolle Geschichten und wunderbar spielbar in einer Gruppenstärke ab 3 oder 4. Gefällt mir sehr. Und jetzt Licht aus, ich muss mich konzentrieren und schlachten. Herzlichen Dank an Asmodee, die uns ein Exemplar für eine Rezension gestellt haben.
7

Superfritte