Vom Nachbar Stich
Eins schwamm ein bildschöner Pfau am Wasserrand des stolzen Landes entlang und blätterte seine Federn der Sonne entgegen. Dem Neider ein Pfauenfederdorn im Auge entrupfte man ihm sämtliches Federnkleid. „Pikoko! Pikoko!“ entfuhr es seiner krächzten Kehle, und noch bevor er sich versah, stand er splitternackt am Wasserrand. Und obwohl ihm so viel Unheil widerfuhr, dachte er sich: „Wenigstens nicht dem Stich zum Opfer gefallen.“ Ob ich in dem Stichspiel Pikoko von Adam Porter von Brain Games (Asmodee) etwas positives abgewinnen kann, wie unser Freud Pfau, das erfahrt ihr hier.
Ich wette auf Federn
Es ist brachial, ja bestialisch. Den bildschönen Pfauen geht es wortwörtlich an die Federn, denn in Pikoko blättern sich die Federn als Karten auseinander, die im Halter eine 180 Grad Spielehand bilden. Wir rupfen diese Federkarten aus, eröffnen und bedienen dadurch Stiche in der Mitte, die letztlich zu einem blanken Pfauenhintern führen.
Das perfide am Spiel: Wir skalpieren nicht den eigenen Gockel, sondern die des Nachbarn oder der Nachbarin. Unser Vögelchen kann dabei nicht fliehen, wegfliegen kann er eh nicht, weil die Federn ach so schwer den Pöter unten halten.
Pikoko ist ein Stichspiel. Das Besondere, ganz hanabiesque, sehen alle Mitspielenden die eigene Kartenhand, nur man selbst nicht. Man wettet mit Wettchips auf die Stiche der anderen. Daraus ergibt sich das Bild der eigenen Hand, äh, des eigenen Pfauengefieders. So wettet man anschließend noch auf sich selbst. Die Stiche spielen sich bekannt, nur mit dem Unterschied, dass man für seinen linken Nachbarn spielt, und alle sehen können, bis auf sich selbst, welche Karten zum Spielen zur Verfügung stehen. So versuchen wir unsere Wetteinsätze richtig zu erfüllen, und dabei unsere Wette auch gerne richtig zu sehen.
In der Theorie ganz knorke
Wenn man die Regeln zu Pikoko liest und man erzählt bekommt, wie Pikoko funktioniert, geht das Stichspielerherz auf. Voll interessant. Man spielt ein Stichspiel, bei dem man seine Karten nicht kennt? Voll spannend. Und man wettet auf die Stiche anderer, und auch auf seine? Klingt anders. Und man spielt mit den Karten des Linken? Auch nicht schlecht. Ja, in der Theorie klingt Pikoko verführerisch, wie ein schimmernd schöner Pfauenfederschein.
Aber. Ja aber, in der Praxis zeigt sich Vatter Blätterhintern als ganz anderes Kaliber. Da macht die Ausstattung auch nicht alles gut, denn diese ist wirklich bemerkenswert und besonders in Pikoko. Nein, in der Praxis ist Pikoko alles andere als ein bunter Stichfedernstrauß. Behäbig, mühselig, durcheinander und unkontrolliert. Leider ja. Die polyamüröse Pfauenlieberei ist Gegrabbel am Nachbarn, und der eigene Schwanz bleibt unangetastet von der eigenen Hand. Man wird fremdbestimmt in Sachen Wetten, und auch die eigenen Pfauenfedern darf man sich selber nicht ausrupfen. In Pikoko bekommt der Spruch: „Mit Dir spielen“ eine ganz andere Bedeutung. Man wird gespielt und kann nichts dagegen tun. Ja hat sogar der rechts von mir die Kartenspielwahl durch Nichtbedienen, kann das eigene Federnkleid schnell gerupft aussehen. Gemein.
Aber was mich noch mehr stört an Pikoko ist die unbeschreibliche Unhandlichkeit. Wenn Spiel und spielen seinesgleichen leicht und flüssig im Ablauf gestalten soll, so ist Pikoko ein ziemliches Abmühen. Aber ist doch logisch, wenn man die Federn des Nachbarn rausrufen will. Das will man nicht einfach so über sich ergehen lassen. Hände und Arme und Ärmel gleiten nach links, die Köpfe schnellen vor und zurück und links und rechts bei der Wettabgabe, und die Karten in der Mitte führen bei schwacher Beleuchtung zu zugekniffenen Augen, da man die Farbe nicht richtig erkennt. Nein, Pikoko ist kein Freudenschrei, wie ihn nur Pfauen ausflöten können. Hier ist Arbeit, Unübersichtlichkeit und Behäbigkeit angesagt. Schade, dabei sieht das Spiel doch so gut aus.
Optik ist nicht alles
Genau, Optik ist nicht alles. Und Ausstattung erst recht nicht. Pikoko ist bildschön und in der Ausstattung einzigartig. Kleine eigene Pfauen werden zusammengebaut, die als Kartenhand gelten. Wahnsinn. Auch die Qualität der Karten sind echt top.
Große Kritik ergibt die Farbwahl. Sehr ungünstige Zusammensetzung, da die Farben blauweißlila echt schwer auseinander zu halten sind. Bei schlechtem Licht muss man schon die Augen zukneifen.
Aber auch wenn die Optik und Ausstattung an sich super ist, so ist das Spiel einfach nicht mein Pfauenschrei. Ganz und gar nicht. Und nicht nur ich fand es müßig dem Federngerupfe Freude zu entnehmen. Stichfreunde erfreuen sich an der Theorie, aber in der Praxis ist Pikoko ein Sprint gegen die Wand. Aua. Nein danke. Nicht mit mir.