Klischee, ick hör Dir trapsen
So so, ein Kommunikationsspiel mit Klischeebildung und Stereotypisierung. Na das ist ja wieder mal typisch. Ne, eben nicht. So Typisch! Denn genauso nennt sich das kommunikative und kooperative Kartenspiel aus dem Hause Schmidt Spiele, welches sich Matteo Cimenti, Carlo Rigon und Chiara Zanchetta da ausgedacht haben. Zufällig gezogenen Figuren werden zufällig gezogene Gegenstände zugeordnet. Ob das Spiel so typisch ist? Schauen wir mal …
Dicke fressen und Frauen schminken sich
Über manche Abbildung auf Spieleschachteln kann man mit den Augen rollen. Und warum in Regelwerken hauptsächlich von männlichen Spielenden die Rede ist, kann ich auch nicht da hoch beantworten. Auch atmen manch hier und da schwer, wenn in manch Spielen Heteronormativität, Klischeebildung und Stereotypen dominieren. Ist die Spielwelt so dermaßen flach? Ist das gewollt? Oder nicht feinfühliger und inklusive gedacht? Ist dies in der Entwicklung zwar klar und präsent gewesen, aber in der Ausführung zu steinig, holperig und zu ungewohnt? Fragen über Fragen, die mit zunehmender gesellschaftlicher Entwicklung immer relevanter werden.
Daneben gibt es Spiele, die diese facettenreiche Diskussion beim Schopfe greifen und genau das zum Thema machen, was hauptsächlich Inhalt mancher Debatte ist: Sie nutzen Klischee und Stereotyp.
So auch So Typisch! von Schmidt Spiele. Hier soll die Schublade so richtig rausgezogen werden und übliche Verdächtige werden bedingungslos mit Gegenständen bestückt, die „passender“ nicht sein können. „Natürlich muss der Dicke die Bohnen fressen!“ „Selbstverständlich nutzt die Sexbombe den Lippenstift.“ …
Die Wörter „natürlich“ und „selbstverständlich“ und „auf jeden Fall“ und „immer“ und „nur“ und „wenn nicht sie/er/xier, wer dann“ fallen schnell in den Diskussionen um die passende Zuordnung. Spielerisch ein simples Zuordnen aus 4 Vorgaben und 5 möglichen Vergabeplättchen. Weitaus interessanter ist das Erkennen und Miterleben der Kenntnisse, Meinungen und Annahmen der Mitspielenden. So Typisch! zeigt nicht auf, was „richtig“ und „passend“ ist, sondern war als „richtig“ und „passend“ ausgelegt wird. Ein schönes Beispiel für Zustand und Zuschreibung.
Ich schätze aber, dass diese Intention bei der Entwicklung des Spiels gar nicht Grundthema war. Und wenn doch, Verzeihung für meine Überheblichkeit. Vielmehr soll ein kommunikatives und unterhaltsames Spielerleben erzeugt werden, bei dem sich bis zu 8 Menschen zusammentun können, um gemeinsam eine spielerisch-schöne Zeit miteinander zu verbringen.
Spielerleben und dieses Spaß haben
So Typisch! ist echt schnell erklärt und auch flink gespielt. Und auch wenn bei der Erklärung des Spiels bei vielen ein Leuchten in den Augen zu erkennen ist, welche ein Lustimpuls ähnelt, so scheint vielen nach einer Runde nur ein simples Glimmen in den Augenhöhlen zu erkennen. Hmmm, na ja, hab ich mir irgendwie lustiger vorgestellt.
Nun, Lust an etwas zu haben und etwas als lustig zu empfinden, liegt bei einem selber und auch oft daran, was man aus Gegebenheiten macht. Aber leider habe auch ich bei meinen Runden eher ein „na ja“, „kann man mal machen“ und „aha, hmmm, nun …“ erleben dürfen. So Typisch! ist teilweise wirklich passend, und eine Runde konnten wir mit allen 4 Markern richtig beantworten. Aber größtenteils des Spiels muss etwas passend gemacht werden, was überhaupt nicht passt. Das hat eher mit einem gepressten Stereotyp zu tun, als mit passgenauer Klischeebildung. Ich habe so manche Runde als zu gezwungen, als zu gepresst und passend machen wollend erlebt. Ziemlich oft wurde auf geschlechtsspezifische Merkmale runtergebrochten, und ein um die Ecke denken ward gar nicht erwünscht. Warum die Köchin mit ihrer Leidenschaft zu Genuss auch für eine evtl. internationale Küche und die damit verbundenen Tischgebräuche und Sitten steht, war schon viel zu weit gedacht. Dann eher: Aha, die ist dick, und trägt ne weiße Schürze, hmmm, dann nehmen wir mal dieses und nicht jenes.
So Typisch! war in vielen Runden irgendwie zu sperrig. Und auch nur teilweise lustig. Langanhaltenden Spielspaß hatten wir eher gar nicht. Was ich eher anfangs teilweise erhofft habe. Hoffen und Tatsächlichkeit. Schein und Sein. Wunsch und Tatbestand. Nun, manchmal ist Omen eben Nomen, und so typisch.