Abgrundtief

Brettspiele Frittenrezensionen
5

Knusperfritte

Intrige und Verrat

Es hätte so eine schöne Schifffahrt mit der S.S. Atlantica werden können. Eben. Können. Aber was ist? Nicht mal an Bord eines fetten Kreuzers hat man Ruhe. Stattdessen laufen hier Kultisten rum und wollen dafür sorgen, dass das Schiff nicht in Boston ankommt. Na wunderbar, hättet ihr euch nicht ein anderes Bötchen aussuchen können? Na dann machen wir uns mal auf die Suche nach den Verrätern, die das Schiff Abgrundtief zum Meeresboden bringen wollen. Abgrundtief von Tony Fanchi ist bei Asmodee erschienen und ist für 3-6 Menschen, die gerne 2 bis 3 Stunden zusammen am Spieltisch sitzen wollen.

Wer ist wer?

Social Deduction, oder auch das große who-is-who? Davon lebt dieses Genre der Spiele. Alle bekommen eine Identität, und in manch Spiel fressen Werwölfe Dorfbewohner, verstecken sich Faschisten, ist Hydra unter den Helden und Kultisten unter Fahrgästen. So zum Beispiel bei Abgrundtief, was eine Neuauflage und Entwicklung des guten Battlestar Galaktika ist.

Zwei Fronten, die nicht von einander kennen, verfolgen unterschiedliche Ziele: Das Schiff heile nach Bosten bringen, und das Schiff dem Abgrund gleich machen. Was dazwischen ist schwer vorstellbar.

Und so versuchen die Menschen und Getreuen das Boot mit all seinen Macken und zerstörten Bereichen zu reparieren und die Bösen und Kultisten wollen alles tun, damit das Schiff zerstört zu sinken beginnt.

Das geht über 2 bis 3 Stunden so, und mit jeder Runde wird die Schlinge enger: Wem vertraue ich, und wem vertraue ich nicht.

So im Groben die Übersicht dieses spektakulären Spiels, was aufgebaut auf dem Tisch ne Menge her macht. Tatsächlich ist das Spielgefühl ziemlich intensiv, und teilweise kann das Spiel zum Ende hin nachhaltig für Misstrauen in Freundschaften und Beziehungen sorgen. Wer bis zum Schluss vorgibt eine bestimmte Rolle zu spielen, die zum Ende hin eine Wendung nimmt, kann dafür sorgen, dass alle Spielbeteiligten das Spiel und die Zeit als Film erleben. Intensive Spielgefühle wie zum Beispiel im Rollenspiel können andere Spiele gar nicht bieten. Hier spielen wir nicht nur, wie leben das Spiel für eine gewisse Zeit.

Doch verlangt Abgrundtief keine Schauspielkunst ab. Nein, das nicht. Vielmehr müssen Verräter wissen, wann der „richtige“ Zeitpunkt ist, dem Schiff Schaden zu zufügen, und wann man „das Ruder“ rumreißen sollte. Darum kann Abgrundtief an sich auch von allen gespielt werden, da wir nicht spielen müssen, also vorgeben müssen, schauspielern müssen, sondern geschickt und hinterlistig sich einzuschleimen, vorzuheucheln und dann in entscheidenden Momenten die Hose fallen zu lassen.

Nicht zu früh

Das kann zu sehr intensiven Spielrunden führen, wie es zum Beispiel der Vorgänger Battlestar Galaktikaschon gezeigt hat. Auch Abgrundtief ist in der Lage, dass Spielende nach ihren Stunden Spielzeit immer intensiver und immenser dieses Gefühl spüren. Zwar kommt keine Paranoia auf, aber so manches Mal weiß man eben nicht: Wen traue ich hier an Bord noch, und wem nicht.

Leider hakt das Spiel genau dann, wenn jemand seinen Kultistenstatus bekannt gibt, oder entlarvt wird. Sollte dies um so früher sein, sitzen zwei Fronten zusammen am Tisch, und wissen voneinander. Das kann zu zähen und auch eher langweiligen Runden führen. Daher würde ich eher empfehlen die Gesinnung erst später ins Spiel zu bringen, als von Anfang an.

Ist der Kultist früh entlarvt, kann eine Runde auch ziemlich langweilig werden, ja mehr noch: Wir spielen von nun an nicht mehr zusammen, sondern parallel. Das ist oft so bei social deduction Spielen. Wer raus ist, ist raus, und um da noch mal rein zu kommen, ist unmöglich.

Sollte dies mal passieren, also dass die Rolle recht früh klar ist, so kann das Spiel nichts dafür, dass dies von nun an eher langweilig und offensichtlich weiter läuft. Es liegt an den Spielenden, die den „Schein“ leider nicht aufrecht halten konnten. Je länger die Ungewissheit bestand hält, desto intensiver sind die Anspannungen und um so größer sind die Vermutungen.

Darauf muss man Lust haben, zu spielen, also zu schauspielen, obwohl man nicht schauspielert. Dieses Genre liegt nicht jedem. Da muss man Lust drauf haben.

Ich kann sagen, dass mir das gefällt, und dass ich solche Spiele sehr mag. Mit der richtigen Gruppe, klappt das auch, aber leider gibt es diese Gruppe nicht in der Spieleschachtel. Da muss man selbst schon für sorgen.

Abgrundtief ist ein tolles und immenses Spiel, was für viele und tolle und intensive Spielstunden sorgen kann. Kann, nicht muss. Das Spiel funktioniert also nur, wenn wir mit dem Spiel und mit uns spielen.

Lecker

  • Ein neues Kleid für Kampfstern Galactica.

Pfui

  • Wenn Du früh enttarnt bist, macht das Spiel keinen Spaß mehr. Für niemanden.

Fazit

Funfairist holt Luft und schreibt

Mir gefällt Abgrundtief. Ich mag die Ausstattung, die Spielidee und kann dies sowohl im Weltall, als auch auf dem Wasser spielen. Zwar finde ich die Spielzüge an sich eher etwas langweilig und ständig das Schiff zu beschädigen und zu reparieren ist auf Dauer etwas lame, aber der Ungewissheitsgrad mit den Rollen im Spiels ist intensiv. Das finde ich toll. Dennoch vergebe ich eine Knusperfritte, da das Spiel nur klappt, wenn die Mitspielenden passen. Hier bin ich zu sehr gebunden an die passende Gruppe.

Herzlichen Dank an Asmodee, die uns ein Rezensionsexemplar gestellt haben.

5

Knusperfritte