Crime Stories

Frittenrezensionen Kartenspiele
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Oh nein, was ist hier nur passiert?

Ich gehöre ja bekanntlich nicht zu den Leuten, die die Abende und Wochenenden damit verbringen, ein Buch nach dem anderen zu lesen. Wenn, dann sind es die Hörbücher, die ich konsumiere – ich mag es, wenn mir jemand was vorliest. Ich mag vor allem historische Romane oder Geschichten vom Reisen, alternativ noch so Persönlichkeitesentwicklungsdingens.

Mit Thrillern tue ich mich meistens tatsächlich schwer, weil mir viele Bücher vom Buchrücken her so spannend erscheinen, wie die Inhaltsangaben eines Bio-Müslis. Ich schau halt viele Horrorfilme und Psychothriller und hab da schon einiges gesehen. Das ganze zu lesen, könnt sicherlich nochmal für mehr (blutige) Details in meinem Kopf sorgen, aber irgendwie … dieses Buch, das mich umhaut, lag bisher noch nicht auf meinem Nachttisch.

Veit Etzold ist deutscher Thriller-Bestsellerautor und hat auch Crime Stories – das Spiel, das wir uns hier heute anschauen wollen – entwickelt. Darin werden wir an die Hand genommen, unsere eigenen Thriller zu schreiben. Allerdings nicht mit dem Ziel, Bestseller-Autoren zu werden, sondern mit dem Ziel, dass die anderen per Fragen erraten sollen, worum es in unserer Story geht. Aber fangen wir mal vorne an.

Irgendwas mit Blut.

Falls du die Black Stories vom moses. Verlag kennst, kannst du den nächsten Absatz grob überfliegen, denn dann weißt du im Prinzip schonmal, wie das ganze hier funktioniert. Für alle, die die Black Stories nicht kennen erkläre ich das Prinzip mal schnell:

Ich – also Kaddy – kenne eine Geschichte, von der ihr nur die Überschrift kennt. Ihr stellt mir Fragen, die ich mit ja oder nein beantworten kann. So erfahrt ihr immer mehr wichtige oder unwichtige Details über die Geschichte, sodass ihr sie am Ende hoffentlich komplett lösen könnt. Wichtige Dinge in der Geschichte sind, wie ihr euch vielleicht vorstellen könnt, Täter / Opfer, Mordwaffe, Tatort und Motiv.

Ich kann euch natürlich keine Informationen mitteilen, die euch helfen könnten … aber – auch, wenn es so gar nicht erlaubt ist – die Intonation, Gestik und Mimik einer Person können schon auch eine Menge mitteilen. 😉

Naja. Das ist im Grundprinzip auch schon alles. Und so funktioniert dieses Spiel hier auch! Es gibt einige vorgefertigte, blutige Szenarien, mit denen man anfangen und üben kann. Darauf ist eine kurze Geschichte aufgeschrieben, die die gerade genannten zu erratenden Details beinhaltet. Ich muss mir also gar nix ausdenken, sondern kann einfach ablesen.

Wenn man sich dann mit dem Spielprinzip vertraut gemacht hat, kann man loslegen mit dem Schreiben eines eigenen Krimithrillerdingsbums. Dafür stehen dann einige Kartenstapel zur Verfügung. Da sind dann Opfer und Täter drauf (also sowas wie die Journalistin oder der Bäcker), eine Mordwaffe (die Gabel), Tatort (die Pommesbude) und Motiv (z.B. Hunger). Aus diesen 3 Kategorien ziehe ich 3 unterschiedliche Karten – welche, das darf ich mir aussuchen. Diese Worte geben das Grundgerüst für meine Geschichte vor. Die beiden übrigen fehlenden Infos soll ich mir selbst aussuchen. Wenn wir bei dem Beispiel hier bleiben, dann würde ich Pommesbude, Hunger und Gabel nehmen. Dann würde ich mir selbst noch Opfer und Täter ausdenken. Funfairist is das Opfer und Kaddy die Täterin. Und aus diesen Dingen muss ich jetzt einen Krimi spinnen, den ihr nicht kennt, aber erraten müsst. Damit ich die blutigen Details meiner Geschichte nicht vergesse, schreib ich das Ganze natürlich auf.

… und wenn ich das oft genug gemacht hab, ist ein Buch fertig!

Jau, und das ist auch schon alles. Also zusammengefasst keine neue Idee, nur ist man selbst ein bisschen mehr involviert in die Geschichten, um die es geht, als man es von den Black Stories gewohnt ist.

Ein Spiel für einen Spieleabend mit den Freunden?

Ich sage: Nein. Klar kann ich eine Runde Black Stories einschmeißen, wenn ich das Essen warm machen will und die anderen mir dabei Gesellschaft leisten soll … äh … können. Dann würde ich aber natürlich immer auch die fertigen Geschichten zurückgreifen. Kochen, ausdenken und aufschreiben ist gleichzeitig eben doch eher schwierig.

Und das ist auch der Punkt, den ich in Bezug auf den Spieleabend auf jeden Fall „kritisiere“: Ich lade meine Freunde ja nicht zum gemeinsamen kreativen Schreiben ein, sondern dazu, mit mir was zu spielen. Wenn dann jeder da sitzt, sich seine Geschichte ausdenkt und sie aufschreibt und die Minuten ins Land ziehen … ich weiß nicht … das würde ich dann nicht unbedingt als geselligen Spieleabend bezeichnen, sondern eher als Schreibwerkstatt.

Und dafür wiederum finde ich die Crime Stories super!

Ich nutze in meinen Workshops, in denen ich mit den Teilnehmenden Rollenspielentwicklung mache, eine ähnliche Methode, um an neue Ideen zu kommen. Und auch hier bei den Crime Stories muss ich sagen: Das ist ein total toller Pool an unendlichen Möglichkeiten. „Ich bin nicht kreativ“, „Ich kann keine Geschichten schreiben“ oder „Ich kenn mich mit sowas nicht aus“ sind ab sofort einfach gar keine Ausrede mehr! Denn meine Erfahrung – sowohl aus meinen Workshops, als auch hier mit dem Spiel – sagt: Jeder kann das, wenn er sich hinsetzt. (Bei einem Spieleabend möchte ich aber niemandem vorschreiben, was getan wird – vor allem nicht, wenn jemand keine Lust auf etwas bestimmtes hat.) Klar, manche können es besser als andere. Deswegen gibt es Buchautoren und … naja, Leute, die halt keine sind. Das ist aber gar nicht schlimm und schmälert den Geschichtenerzählaspekt in diesem Spiel auch gar nicht. Es geht ja nicht darum, die Geschichte zu bewerten, die ein anderer geschrieben hat, sondern herauszufinden, worum es darin geht!

Und da jeder seine eigene Geschichte schreibt, darf darin auch passieren, was er will. Das ist ja das schöne daran, Geschichten zu erzählen. Wenn Freddy Kruger in meiner Geschichte nur die bösen Kinder nachts besuchen kommt und den guten ein Bonbon durchs Fenster wirft, dann ist das so. Und vor allem ist das auch okay so!

Werbung?

Die Story Karten, also die, die schon eine fertige Geschichte enthalten, sind auch immer mit einer kurzen Info versehen, woher die Ideen stammen. Ich hab mal ein paar rausgesucht:

Das ist mir persönlich jetzt ein bisschen zu viel Werbung, um ehrlich zu sein, aber dafür kenne ich jetzt eine Vielzahl an Büchern von Veit Etzold (die ich trotzdem nicht lesen werde … ;-)). Auch die Tipps, die schon auf der Schachtel angepriesen werden, die dafür sorgen sollen, dass man selbst zum Krimiautor wird … Naja, das sind gute Tipps, die man sicherlich beim Schreiben der Kurzgeschichte für dieses kurzweilige Spiel nutzen kann und die auch beim Finden und Ausarbeiten von Ideen helfen können, aber dass man dadurch etwas wird, das man „Krimiautor“ nennt, würde ich dann doch bezweifeln. Da gehört wahrscheinlich doch noch ein bisschen mehr dazu … 😉

Lecker

  • Geschichten herausfinden macht Spaß.
  • Geschichten schreiben macht Spaß --- -->
  • Dieses Format hat viele Varianzmöglichkeiten: Grusel, Fantasy, Sci-Fi .. da geht noch einiges!

Pfui

  • Downtime des Spieleabend, wenn die Geschichten geschrieben werden
  • <--- jedoch nicht, wenn meine Freunde zum Spielen da sind

Fazit

Kaddy blutet.

  "Die Idee in den Crime Stories ist nicht neu. Die Black Stories - die im Endeffekt ja das gleiche machen, nur, dass man nicht selbst schreibt - gibt es inzwischen seit 2004. Für einen Spieleabend würde ich die Crime Stories nicht rausholen, es sei denn, ich habe explizit zur Schreibwerkstatt aufgerufen. Ich finde es nicht sonderlich spieleabendfreundlich, wenn man sich für jede Kurzgeschichte, die man aufschreibt, mindestens 10 Minuten zurückzieht. Klar, das kann man natürlich vorher auch schonmal als Hausaufgabe verteilen, jedoch hat das dann für mich irgendwie nicht mehr viel mit einem "Spieleabend" im konventionellen Sinne zu tun. Ich selbst habe schon viele Stunden und manchmal wirklich sogar ganze Tage auf der Couch verbracht und dort nur mit Freunden Black Stories gespielt, gegessen und getrunken. Das war super und auch die Crime Stories können für so tolle Erinnerungen sorgen. Und wenn man sich für genau sowas verabredet, dann sind die Inhalte der Crime Stories Schachtel auch gut dafür geeignet. Dann ist aber immer noch der Punkt da, dass es einfach Menschen gibt, die keinen Bock haben, sich was auszudenken, die nicht gern schreiben, sondern einfach losrätseln wollen. Klar, das können sie dann auch tun, aber ein ganz- und einheitliches Spielerlebnis kriegt man dann irgendwie auch nur schwer hin. Das mit auf der Couch liegen und rätseln geht übrigens auch super digital in Corona-Zeiten! In der Schachtel sind ja 24 fertige Geschichten und die kann man - das kann ich bestätigen - auch gut gemeinsam mit ein paar Lieben online "spielen", nur, dass eben nur einer oder 2 (je nachdem, zu wievielt man eben ist), die Fragen beantworten. Aber beim Zocken würd ich diese Schachtel dann doch eher im Schrank stehen lassen. Aber ich werde mich künftig auf jeden Fall an den Karten bedienen, wenn ich mal wieder gute Ideen brauche und werde sie sicher auch irgendwie mal als Teil des kreativen Schreibprozesses in meine Workshops integrieren. (daher die Gute Fritte - als Bewertung aus einem anderen Blickwinkel) Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle an Kosmos, die uns das Spiel als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben."
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