Puzzelcity
Nein, kein Roll & Write. Auch kein Flip & Write. Vielleicht ein Flip & Puzzle Spiel? Gibt es das überhaupt? Nun, jetzt gibt es das! Tetrislike bauen wir eine Stadt, jede*r für sich und ganz individuell. Zur Verfügung stehen uns allen dieselben Formen. Es wird eine Karte aufgedeckt, und schon puzzeln alle gleichzeitig drauf los und schaffen so ihre Cityexpansion. Das Spiel ist zu Ende, wenn alle das Ende beschlossen haben, oder die Karten aufgeflippt wurden. Dann werden Punkte vergeben. Und dann kommen die Umschläge und es wird irgendwie anders. My City ist ein Puzzel-Plättchen-Legespiel von Reiner Knizia und es ist aus dem Hause Kosmos. Und was kann ich noch sagen? Genau, es ist echt gut!
Deine Stadt wird einzigartig
Manch Mensch hat echt Bedenken und Skrupel davor, Spielmaterial zu verändern. „Einen Strich machen? Gib mir mal n Bleistift, dann können wir es gleich noch wegradieren!“ Nun, in My City wird nicht mehr viel zum Radieren übrig bleiben, denn hier wird geschrieben, geklebt und das Spielmaterial verändert sich. Es ist erwünscht auf dem Tableau zu malen, oder gar etwas wegzustreichen. Ja, das muss sein, so schlimm es sich anfühlt.
In diesem Legacy Spiel haben wir Umschläge, und mit jedem Umschlag kommt etwas hinzu. Legacy bedeutet, dass wir nach und nach das Spiel verändern und dass wir beim Entwickeln zusehen und mitbestimmen können. Es wird geklebt, manches wird gestrichen, und dann kommt wieder etwas hinzu. Jedes My City wird am Ende anders aussehen und das macht die Stadt und das Stadttableau einzigartig. Zwar ähneln die Bretter schon, aber dennoch findet eine Veränderung statt.
Jetzt wird gepuzzelt
An sich ist das Spielprinzip ziemlich simpel. Und wir kennen auch andere Spiele, die genauso/recht ähnlich verfahren, wenn wir uns zum Beispiel mal City Skylines anschauen. Das Rad wurde hier überhaupt nicht neu erfunden. Aber dennoch ist etwas anders und fühlt sich so erfrischend unkompliziert an. So genial simpel zeigt sich das Spiel im Spielprinzip. Lustvoll. Hier und da ärgerlich. Teilweise kompliziert, aber nicht schwer, sondern herausfordernd in der Entscheidung. Sehr sich etwas bewahrend und gleich, und dennoch von Mission zu Mission anders.
Insgesamt spielt man My City 24 mal durch, dann ist jede Mission geschafft und zu Ende, und das ganz eigene und fertige My City ist geboren. In jedem Umschlag sind 3 Spiele, die mit Elementen gefüllt werden. Nach 3 x 8 also 24 Partien hat es sich ausgecityt. Aber danach ist das Ding nicht für die Mülltonne, sondern dann kann immer noch weitergespielt werden, und die Besitzenden des Spiels entscheiden selber, ob der Puzzelspaß noch mal auf den Tisch kommt, oder nicht.
Legeteile und beklebte Spielpläne
Puzzel, Tetris, so eckige und in Form gebrachte Häuser und Bauten auslegen. Sie fallen nicht vom Spielfeldoberrand hinein, jedoch aus heiterem Himmel. In jedem Szenario gibt es bestimmte Regeln, die auf bekannte Regeln aufbauen, diese weiterentwickeln, neue Regeln dazubringen oder Alte aushebeln und aufheben.
Nach und nach wächst auch der Materialumfang, denn in den Umschlägen befinden sich nicht nur Regeln auf einem Blatt Papier geschrieben, sondern auch zusätzliche Teile, Aufkleber und so weiter. Ich werde hier nicht weiter aufzählen, was alles in den Umschlägen zu finden ist, da ich den Menschen, die das Spiel noch nicht gespielt haben, nicht die Überraschung wegnehmen möchte, nur eins sei gesagt: Freut euch auf eine auch geschichtliche stimmige Entwicklung.
Die Briefumschläge bauen auf einander auf, und schnell wird einem klar, wir spielen uns auch durch die Zeit. Besuchten wir einst ein neues Land, so haben wir es bald mit Kirchen, Fabriken und der Eisenbahn zu tun.
Unser Spielplan wird auch verändert. Aufkleber machen aus dem anfänglichen neuen Land nach und nach etwas anderes. Was wir kleben, wie wir kleben, nun, das müsst ihr schon selber herausfinden.
Wie fühlt sich My City denn an?
Nun, dieses Spiel fühlt sich schon sehr gut an. Auch wenn man eigentlich immer das gleiche macht, und an sich übersichtlich Veränderung stattfindet, so ist jedes Spiel einfach anders. Nicht vollkommen anders, aber anders eben. Ich mag das Gefühl und habe sogar nach einer langen langen My City Nacht vom Plättchenlegen geträumt – das war sehr intensiv.
Jedoch wo auch Wohlgefallenlicht ist, ist auch manch Schatten zu sehen. Tatsächlich nerven mich die Aufkleber und ich hätte mir eine Alternative gewünscht. Oft kleben die Ecken irgendwo fest, weil sie sich lösen, und das Schieben der Plättchenteile ist bei der unebenen Gegebenheit fast nicht möglich. Ist nicht sonderlich schlimm, stört mich aber.
Auch muss ich sagen, habe ich es nicht so schön empfunden, dass jede*r so sein und ihr eigenes Süppchen mauschelt. Ein Zusammenspiel fehlt mir und macht aus dem einzigartigen Citygebaue auch ein „einziges für mich spielen“. Es ist wie bei den Logik- und Gedächtnisspielchen, die man solitär spielt. Hier wurden gleich bis zu 4x so viel Material in eine Packung gelangt, und der einzige Zusammenspielfaktor ist die Auswertung gen Ende. Hmmm, weiß nicht so recht. Hier habe ich mir mehr „Zusammenspiel“ gewünscht, als „nebenher“.
Dennoch bin ich freudig bei dem Spiel und kann nicht anders als zu sagen: Toll, macht Spaß und kann man gerne mal durchzocken. Ob das Spiel aber wirklich bei mir noch nach meinen 24 Partien auf den Tisch kommen wird, nun, das warte ich mal ab. Das ist leider die Crux an den Legacy Spielen – irgendwann ist man damit auch mal fertig, und das reicht mir eigentlich schon im Computer- und Consolenspiel.