Mäuse, Ratten und Vögel
Es gibt Spiele, die begeistern schon allein, wenn man die Verpackung sieht. Wenn diese sich öffnet, kann diese Begeisterung aufgrund des Inhalts noch gesteigert werden. Wenn dann noch der Spielverlauf tollo ist, kann so ein Spiel zu eins der Lieblingsspiele werden. Maus und Mystik ist so ein Vertreter, der in Sachen Schachteloptik, Packungsinhalt und Spielspaß ziemlich viel richtig macht. Schwungfedern ist ein Spiel, was in der Welt von Maus und Mystik spielt. Ebenfalls bei PlaidHat Games erschienen, und über Asmodee in Deutschland vertrieben, ist das Spiel von Jerry Hawthorne ein optischer Leckerbissen von der Schachtel her, ein Gaumenschmaus, wenns ums Innere geht, und ein zäher Müffelmampf im Spielempfinden. Warum die Fritte absolut keinen Hunger auf das Spiel bekommt, erfahrt ihr in unserer Rezension zu Schwungfedern.
Luftkampf mit Mäusegequieke
Schwungfedern ist wahrlich ein Hingucker. Keine Frage. Als ich das erste Mal die Spieleschachtel sah, dachte ich mir: „Wow!“ Okay, ich gebe zu, ich habe es sogar gesagt. Aber leise.
Als ich dann das Innenleben sah, machte ich abermals „wow“, dieses Mal noch lauter, als noch bei der Verpackung; sowohl im Kopf, als auch lautstark via Ausspruch. Mir war ganz klar: Dieses Spiel MUßT Du spielen! Maus und Mystik und dann noch Vögel dazu? Wie geil ist das denn? Mein Herz war gewonnen und meine Vorfreude enorm groß.
Je höher ich meine Erwartung an dieses Spiel hochschraubte, desto schmerzlicher war der tiefe Fall. Der erste Fall kam mit dem Studium der Regeln.
Ich habe in meinem Leben schon so einige Regeln gelesen, und eigentlich würde ich mich als sehr regelerfahrenden Spieler bezeichnen. Aber die Regeln zu Schwungfedern müsste ich 2 x lesen, oder 3 x. Okay, sogar beim Spiel lag die Regel neben uns auf dem Tisch, damit wir nachlesen konnten. Zu dem Regellesen gesellten sich noch 2 Videos übers Internet. Allmählich war klar, wie die Maus das Vögelchen reitet.
Meine Lust hatte einen Dämpfer erfahren. Warum ist dieses Spiel an vielen Stellen so unklar, oder so überfrachtet mit Sonderregeln? Egal! Wird schon! Meine Erfahrung mit manch komplexeren Spielen zeugt von der Tatsache, dass der Spielzug erst dann wirklich gelernt wird, wenn das Spiel gespielt ist. Darauf hoffte ich.
Und eigentlich stimmt das auch, hat man erst durch ein oder zwei Spiele verstanden, wie die Maus die Zügel führt, ist Schwungfedern gar nicht mehr so kompliziert. Sicherlich gibt es auch jetzt noch so manch kleine Frage, aber im Großen und Ganzen kann man das Spiel nach einer Partie recht flüssig spielen.
Um was geht es denn?
Schwungfedern ist ein 2 Personenspiel. Je eine Seite versucht das gegnerische Nest zu zerstören. Später kann man auch andere Siegbedingungen festlegen, aber bleiben wir erst mal beim Bombardement auf das Feindesnest.
Nester können wir entweder vom Baum aus angreifen, oder aus der Luft. Ganz ehrlich, das Spiel heißt nicht umsonst Schwungfedern, wenn wir nicht diese einsetzen würden, um unseren Gegner die Krallen und Schnabelspitzen in den Horst zu rammen. Also satteln wir Amsel, Drossel, Fink und Star, und finden es alle wunderbar. Also, optisch. Die kleinen Mäuschen auf den Piepmätzen schauen echt wunderschön aus. Noch nie habe ich so ein schönes Setting gesehen. Mit der passenden Blumentischdecke auf dem Tisch hat man ein wunderschönes Setting.
Schwungfedern ist kein Brettspiel. Eher ein TableTop Spiel. Wir lassen unsere Vögelchen kreisen, schießen Pfeile, oder aus Pistolen, machen die Ballisten kampfbereit und wetzen die Messer. Ziel ist der Gegner, die Feindesmäuse und -ratten und das Feindesnest. Neben ein paar Karten sind in der Spieleschachtel wirklich viele Komponenten enthalten. Figuren, Karten, Baumteile, Blätter, Marker und vieles vieles mehr. Schwungfedern ist kein Leichtgewicht, das im doppelten Sinne wirklich nicht.
Wer Spiele wie Wings of War und Konsorten kennt, wird in Schwungfedern schnell Bekanntes erkennen. Vögel, die auf durchsichtigen Basen „schweben“, können mit kleinen Figuren gesattelt werden. Das macht optisch schon ne Menge her. Wenn die Figuren erst mal zusammengebaut sind, wird schnell zu den Figuren gegriffen, um mit ihnen zu spielen. Ja, so etwas weckt das verspielte Kind in einem.
Auf dem Tisch allerdings ist Schwungfedern schnell kein verspieltes Zuckerschlecken mehr. Vögel (und weitere Truppen) werden in Phasen ausgerichtet und aktiviert. Rechtskurve, Linkskurve, geradeaus, bums, Baum nicht gesehen. Schadenspunkte, heilen, Mission erfüllen, Siege erringen, … Ja in Schwungfedern ist einiges zu erledigen, und irgendwie fühlt sich alles mechanisch und unlebendig an. Die Herausforderungen werden in Szenarien abgefrühstückt. Vier Stück sind im Szenarienheft enthalten, über Szenarienkarten lassen sich weitere und eigene Szenarien erstellen. Aber ganz ehrlich? Von Geschichte merkt man nicht viel im Spiel. War Maus und Mystik noch ein „erlebtes Erzählen oder ein erzähltes Erleben“, so fühlt sich Schwungfedern wie eine Abhandlung an Spielzügen an. Der Vogel zieht seine Kreise, wie manch gefühlte Minute.
Noch mehr Schwung bitte
Schwungfedern ist darauf ausgerichtet, dass das Grundspiel nicht alles sein soll. Erweiterungen sollen aus dem Spiel noch mehr machen. Noch mehr Maus und Mystik und noch mehr Schwungfedern. Diese Welt ist noch lange nicht ausgereizt.
Schwungfedern fühlt sich so an, als ob dies nur ein erster Auftakt sein soll. Ein Vogelfütterchen für eine hungrige Meute, die eh auf mehr wartet, was aus der M&M-Welt kullert. Diesen Geschmack bin ich bei den Szenarien irgendwie nicht losgeworden. Schwungfedern fühlt sich so an, als ob irgendwas fehlt. Oder, als ob schon viel zu viel drin ist. Dem Spiel hätte manch Verschlankung gut getan. Vor allem die Regeln hätten einiges weniger abgekonnt. Wenn Bewegung von Spielfiguren, und die möglichen Eventualitäten an Konsequenzen daraus in vielen Spielen vertreten wäre, wie sie in Schwungfedern zu finden sind, würde ich mir ein anderes Hobby suchen.
Wenn ich hier gerade aufzähle, was ich recht schwierig an Schwungfedern fand, so muss ich auch den Aufbau des Sets nennen. Zwar wird empfohlen, dass das Set auf ca. 80 x 80 cm Breite und Länge aufgebaut wird, aber wenn ein Tisch nicht so viel Möglichkeiten hergibt, wird auch der Spielspaß dadurch beeinflusst. Und nicht unbedingt zum Guten. Je keiner der Tisch ist, desto eher rammen sich die Vögel die Blätter, Äste und Mitvögel ins Gefieder. Die Kurve zu bekommen, bevor der Rand des Spielfeldes näher kommt, ist hier ne Meisterleistung.
Ist der Tisch zu groß, kann es schnell langweilig werden, da der Entfernungsmesser gut und gerne doppelt so lang sein könnte.
Den passenden Tisch wird es sicherlich auch bald aus der Maus und Mystik Welt geben. Darauf hoffe ich.
Viel PlimPlim mit wenig Nachhall
Schade! Schade, schade, schade. Ich will Schwungfedern mögen. Ich will. Ich will. Ich will. Ich mag Maus und Mystik so sehr und kann in der Welt, die hinter diesen Spielen steckt, so richtig eintauchen. Aber leider leider bringt mir Schwungfedern nicht so viel Spieleschwung auf den Tisch. Ärgerlich. Traurig. Schade.
Schwungfedern ist nicht mein Spiel. Nach meinen Partien (und vor allem währenddessen) hätte ich immer das Gefühl von: „Hm, das soll es jetzt sein?“ Flattern, pieksen und schießen, Federn lassen.
Das Spiel verführt so sehr etwas ganz besonderes vor sich zu haben, wenn Mäuse auf Blättern von den Bäumen schweben, wenn kleine Mäuse aus den Ästen schießen, wenn Vögel in die Links-Rechtskurve gehen. Aber das allein schaut super aus, macht aber noch lange kein spannendes Spiel. Ausgebremst und langatmig durchflattern schöne Spielfiguren die gähnende Leere am Spieltisch. Schade.