Anmerkung, bevor es losgeht:
Vielleicht wusstet ihr es noch nicht, aber wir waren mal zu dritt! Alex, der gute Luftschubser, gehörte nämlich mit ins erste Frittenteam, als wir die Spielfritte daaaaamals gegründet haben. Inzwischen hat er sich dem Spazierengehen und dem Erkunden von echten Burgen hingegeben, weswegen er nicht mehr bei uns dabei ist. ABER er hat damals was zu Die Legenden von Andor geschrieben. Das hier nämlich, viel Spaß:
Der Titel klingt gut in meinen Ohren: Die Legenden von Andor. Es ist ja immer wichtig, Namen zu finden, die der Zielgruppe in den Ohren wohlgefällig klingen. Die Spieleschachtel schmeichelt meinen Augen. Der Spielplan … eine Burg ist drauf, was will ich denn mehr! Erster Eindruck: Ja! Steffen von der WoB und unser Kosmos-Insider meint nur: Das Spiel ist gut. Ich zeig’s Euch gleich mal. Eine Momentaufnahme in unserer gemeinsamen FeWo zur Spiel’12. Ein Abend, der mich verändert hat? Nein, nicht verändert, aber er hat mich um ein angenehm abendfüllendes Spiel reicher gemacht!
Die Welt von Andor erwartet Euch
Andor ist Idylle pur: Im Norden das Meer, an dessen Steilküste eine beeindruckende Burg in den Himmel ragt. Ein Flüsschen mäandert durch das Land, durchquert Ebenen und Wälder. Ein riesiges Gebirge, dass mein alpines Herz höher schlägen lässt. Bauern bestellen ihre Felder mit fröhlichen Liedern auf ihren Lippen. Händler sorgen für immer wehrendes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Der König ist fürsorglich und weise. Kurz: alles tollo in Andor.
Alles? Wofür braucht es dann Helden in dem Spiel Die Legenden von Andor? Es gibt eben immer ein paar Neider, missgünstige Gesellen und hässliche Geschöpfe. Damit hätten wir dann auch schon den Kern des Spiels, den nie endende Kampf: Gut gegen Böse. Ihr seid diese Helden und ihr erlebt in dem Spiel Die Legenden von Andor jede Menge Abenteuer bzw. Legenden und damit echte Spannung.
In Andor habt ihr einen harten Arbeitstag, der sieben Stunden dauert. Die ganz Ehrgeizigen unter Euch können auch gern Überstunden schieben – ein Hauch Burnout inklusive. Die Kernaufgabe ist der Schutz der Burg.
Das erfordert kriegshandwerkliches Geschick im Niedermachen von fiesen Kreaturen. Ihr kämpft dabei alleine, oder, was oft die bessere Wahl ist, gemeinsam gegen Eure Gegner. Damit nicht genug, weitere Aufträge warten auf Euch: Findet dies, schlachtet das, bringt jenes zur Burg und besiegt den Oberfiesling.
Dabei helfen Euch viele kleine und große Gegenstände wie Rüstungsteile, Tränke oder Heilkräuter, die ihr bei Händlern erwerben könnt. Sauft einen Brunnen aus und ihr werdet willensstärker. Erkundet den Nebel – in Form von verdeckten Plättchen – und ihr werden überrascht. Das ist manchmal schlecht, meist aber gut. Und verwaltet Euren Helden über das Heldentableau.
Und was ist das Kostbarste? Genau: Zeit! Davon habt ihr nie genug, denn es gibt eine Erzählleiste und einen kleinen, weißen Holzkopf, der auch Erzähler genannt wird. Er wandert stetig vorwärts und bringt damit neue Informationen und Aufträge ins Spiel, aber er verkürzt damit auch die Zeit, die Euch dafür bleibt. Und das tut er immer dann, wenn die Sonne aufgeht und – was noch übler ist – wenn ihr einen Gegner niedergemacht habt.
Die Looser-Regel besagt: Ihr verliert, wenn die Burg von Kreaturen überrannt wird und wenn ihr Eure Aufträge nicht erfüllen könnt, bevor der Erzähler das letzte Feld auf der Erzählleiste erreicht hat. Herzlich willkommen in Andor!
Tagebuch meines Helden
Das Regelwerk und Begleitheft bei Die Legenden von Andor sind … dünn. Sehr dünn. Es leitet uns Helden schnell in die erste Legende. Vorbereitung und erste Legendenkarten vorlesen. Ehe man sich’s so als Held versieht, ist man schon mitten im Abenteuer. Erste Fragen, die trotz allem aufkommen können beantwortet werden. Mein Held stapft los und schlachtet am ersten Tag einen Gor ab. Ein zweiter Held tut das auch. Huch … der Erzähler bewegt sich unerwartet schnell vorwärts. Ist das gut? Die Fragen muss ich bald mit Nein beantworten.
Nach und nach werden die Legendenkarten aufgedeckt. Neue Aufträge und das ist doch noch die Burg. Aus einem herumstreunenden Haufen wird langsam ein Team. Es kristallisieren sich die „Macher“ heraus.
Die Legenden von Andor brauchen Führungskräfte mit Struktur und den Blick über den Tellerrand. Denn jedes Versäumnis rächt sich irgendwann. Und es ist immer gut, dass wir Helden abwägen, wann welche Kreatur getötet wird und wer welchen Job übernimmt.
Mein Held ist Bogenschütze. Sein Name ist Pasco und kann aus der Distanz angreifen. Er muss ein Nebelplättchen aufdecken, so der Auftrag. Und bald fängt es auf dem Spielbrett an eng zu werden. Da kommen Gors und Skrale auf den Plan. Und je mehr davon auftauchen, desto schneller bewegen sie sich auf die Burg zu. Egal, wir holen uns jetzt mal Stärkepunkte, Willenskraft und Ausrüstung, dann machen wir die platt. Und so schnell können Pasco und seine Kumpanen gar nicht hinterher gucken wie sich die Kreaturen in einer Kettenreaktion auf die Burg zubewegen. Scheiße, jetzt wird’s eng! Die Burg ist in Gefahr und der Erzähler bewegt sich stur auf das Feld N zu. Bald ist Ende Gelände.
Die Helden beginnen zu rennen und zu schlachten. Pasco’s Finger glühen, die Sehne seines Bogens reißt sicher bald. Mit letzter Anstrengung schafft die Gruppe es, das Abenteuer zu bestehen. Das hätten wir Teilzeithelden uns so nicht gedacht. Waren gut überrascht. Das war das Einführungsspiel. Mit stolz geschwollener Brust machen wir uns voll motiviert auf, in das nächste Abenteuer – können es kaum erwarten: Die Heilung des Königs.
Wer mit wem?
Das Spiel macht Dir sicher dann sehr viel Spaß, wenn Du gerne in der Gruppe knifflige Aufgaben löst, auch wenn die Zeit gegen dich ist. Wenn Du es genießt, Dich mit Haut und Haaren in eine Diskussion einzubringen, Teamplayer bist, oder schon immer mal eine Gruppe anführen wolltest und Dir das ganze Fantasy-Thema sowieso liegt, dann bist Du richtig bei Die Legenden von Andor. Downtimes gibt es quasi nicht: Jeder ist immer gefragt!
Sicher nicht richtig bei diesem Spiel bist Du, wenn Du gern Dein eigener Herr bist, wenn Du in Koop-Spielen total auf die Verräter-Rolle stehst und wenn Du den Glücksfaktor Würfel hasst. Das Spiel ist nichts für Cheater und nichts für Eigenbrödler. Und wenn Du keinen Bock auf Diskussionen hast, dann lass es lieber.
Gerade noch mal Superfritte
Die Legenden von Andor können doch nicht von KOSMOS sein, dachte ich zuerst. Doch sind sie. Welche schöne Überraschung. Loslegen lässt es sich schnell bei dem Spiel. Im weiteren Verlauf geben aber die Regeln und das Begleitheft nicht mehr viel her. Einige Fragen bleiben offen, stehlen Zeit, sie zu klären. Manches an Material hätte man sicherlich auch anders machen können, für das Ambiente. Aber der Preis überzeugt und stellt zufrieden. Grafik auf dem Tisch und die Begeisterung in den Gesichtern drumherum, sprechen Bände. Das Spiel wird angenommen. Diskussionen werden mit Leidenschaft geführt. Lösungsorientiert, hitzig oder auch verzweifelt: Spannung pur und die Gier nach mehr! Und doch der schale Geschmack, wenn man alles durchgespielt hat: Kommt da mehr? Wann? Und was ist, wenn keine neuen Abenteuer kommen? Das Interesse, das Spiel … Andor könnte sterben?
Selten waren Begeisterung, Leidenschaft und Zweifel so nah beieinander. Vielleicht ist das der Grund, weshalb es Die Legenden von Andor gerade noch mal so zur Superfritte geschafft hat?